Sportschule Potsdam: Hooligan-Vorwürfe gegen Elite-Sportschüler
UPDATE. Potsdams Antifa warnt vor angeblich rechter Fan-Gruppe und nennt Namen von angeblich Rechtsextremen Sportschülern im Netz.
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Eigentlich wird an der Potsdamer Eliteschule des Sports derzeit das 60-jährige Jubiläum vorbereitet. Doch nachdem die „Friedrich Ludwig Jahn“-Schule schon im vergangenen Jahr nach einem Gewaltdelikt in den Schlagzeilen stand, sind nun aktuelle und ehemalige Schüler dem Vorwurf ausgesetzt, zu einer Hooligan-Gruppe zu gehören. Es soll sich dabei um die inoffizielle Fangruppe „Crimark“ des Fußballzweitligisten Union Berlin handeln. Diese soll offenbar in Potsdam aktiv sein und als links geltende Fans des SV Babelsberg 03 bedrohen.
Die Vorwürfe publik gemacht hat eine Antifa-Gruppe, die seit Monaten im Internet über Potsdamer Sportvereine berichtet, in deren Reihen sie Neonazis ausgemacht haben will (siehe Kasten). Übergriffe von „Crimark“-Mitgliedern auf junge Fans sind auch schon im Babelsberg-03-Fanforum und von den Fanbeauftragten des Vereins geschildert worden. Ebenso würde die Gruppe in der Stadt Aufkleber mit ihrem Logo verteilen, hieß es. Bei der Polizei in Westbrandenburg liegen zu der „Crimark“-Gruppe dagegen derzeit keine Erkenntnisse vor, sagte Behördensprecher Heiko Schmidt auf Anfrage. Von der Antifa hieß es, „Crimark“ falle durch Einschüchterungsversuche und Nähe zum Neonazi-Milieu auf. Mutmaßliche Gegner würden zu Hooligan-Kämpfen herausgefordert. „Crimark“ sei ein Kunstwort aus „Crime“ (Verbrechen) und „Mark“, das für die Mark Brandenburg steht. Ein „wichtiger Dreh- und Angelpunkt“ der Gruppe sei die Sportschule, die vier Mitglieder der Hooligan-Gruppe besuchen oder durchlaufen hätten.
Die Antifa hat nun die Namen von Potsdamern veröffentlicht, die zu „Crimark“ gehören sollen. Der Kopf der Bande soll Paul K. sein, der von 2006 bis 2010 in der Schule lernte, Judoka war und dort sein Abitur machte. Von Justizbehörden hieß es, K. werde als Gewalttäter Sport geführt und habe noch bis 2014 ein bundesweites Stadionverbot. Auch 2008 sei er schon auffällig geworden, hieß es. Die Antifa wirft ihm unter anderem vor, bei Facebook für ein Kampfsportturnier des Neonazi-Netzwerks „Spreelichter“ geworben zu haben.
Die Antifa wirft auch zwei Zwölftklässlern aus der Schule vor, bei „Crimark“ mitzumischen – einer von ihnen holte erst im März bei einem internationalen Judo-Turnier die Silbermedaille. Die Antifa wirft ihm vor, seine Kampfkunst auch gegen gegnerische Fans einzusetzen. Auch ein Insider aus der Schule sagte den PNN, er kenne diesen Schüler als Hooligan. Bei der Polizei ist der fragliche Judoka in den vergangenen Jahren nach PNN-Informationen gleichwohl nicht aufgefallen.
Schuldirektor Rüdiger Ziemer sagte den PNN, beide Schüler hätten sich von Rechtsextremismus und Hooliganismus distanziert. Es hätten sich keine Anhaltspunkte für Gewalt ergeben, auch nicht im Umfeld der beiden. „Sollte sich herausstellen, dass die Schüler in den Gesprächen die Unwahrheit gesagt haben, werden wir aber alle rechtlichen Möglichkeiten in Anspruch nehmen, um uns von ihnen zu trennen“, so Ziemer. Es gebe keine rechten Gruppen an der Schule, betonte er. Über das Freizeitverhalten jedes Einzelnen könne die Schule aber nicht informiert sein. „Wir erziehen unsere Schüler in einem Klima der Toleranz zu demokratischem Handeln und Denken und zur Achtung anderer Menschen“, sagte Ziemer.
Auch beim Universitäts-, Judo- und Kampfsportclub Potsdam (UJKC), bei dem der ins Visier der Antifa geratene Nachwuchsjudoka trainiert, hat es Gespräche mit dem Sportschüler gegeben. „Er hat uns versichert, dass er rechtes Gedankengut nicht unterstützt“, sagte Präsident Michael Goldschmidt. Wäre dem so, würde der Verein das nicht dulden.
Die Sportschule war bereits im vergangenen Herbst in den Schlagzeilen. Zunächst ging es um Missbrauchsvorwürfe unter Schülern, die im Internat der Schule wohnen. Für Bestürzung sorgte nicht nur der Gewaltvorwurf, sondern auch, dass die Betreuer, denen sich die Opfer anvertrauten, nichts unternommen hatten. Wie berichtet hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Anklage gegen zwei 16-jährige Schüler wegen Nötigung und gefährlicher Körperverletzung erhoben, weil die Nachwuchshandballer des VfL Potsdam sich im September 2011 an zwei 13 und 14 Jahre alten Mitschülern vergangen haben sollen. Ein Prozess steht noch aus.
Nach den Vorfällen im Sportinternat seien inhaltliche und personelle Umstrukturierungen vorgenommen worden, hatte zuletzt die Stadt auf eine Anfrage der Fraktion Die Andere geantwortet. So sei der Personalschlüssel erhöht und die Zusammenarbeit aller Partner am Standort verbessert worden. Derweil sind inzwischen alle Pressemitteilungen der Schule zu dem Fall von ihrer Internetseite gelöscht.
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