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Landeshauptstadt: Hübsche Schwester

Potsdam ist einer der besten Wirtschaftsstandorte Deutschlands – auch wegen der Nähe zu Berlin

Stand:

Was macht Potsdam so stark und Berlin so schwach? Die Frage drängt sich auf, nachdem das Schweizer Beratungsunternehmen Prognos eine Rangliste für alle 439 deutschen Städte und Kreise erstellt hat. 29 wirtschaftliche und soziale Indikatoren wurden dabei bewertet und die „Zukunftsaussichten“ eines Ortes errechnet. Potsdam kam dabei auf Platz 15 und verbesserte sich seit der letzten Prognos-Studie aus dem Jahr 2004 um 133 Plätze, überholte sogar starke Städte wie Wiesbaden oder Hamburg (PNN berichteten). Potsdam zählt damit neben Jena, Dresden und Greifswald zu den vier Leuchttürmen in den neuen Bundesländern. Das benachbarte Berlin hingegen landete nur im hinteren Mittelfeld auf Platz 245.

Während Berlin nach wie unter strukturellen Problemen wie einem hohen Schuldenberg leidet, verdankt Potsdam seinen Aufstieg einer beispiellosen wirtschaftlichen Dynamik. Die Potsdamer Wirtschaft wuchs seit 2001 um 12,6 Prozent, in Berlin legte sie hingegen nur um 1,2 Prozent zu. In Potsdam werden außerdem überdurchschnittlich viele Unternehmen gegründet. Die Landeshauptstadt verzeichnet rund 35 Prozent mehr Firmengründungen als der Bundesdurchschnitt. In Berlin sind es immerhin 20 Prozent mehr. Einen weiteren Ausschlag für das gute Abschneiden Potsdams gab, dass dort sehr viele Menschen in den so genannten Zukunftsbranchen beschäftigt sind. Dazu zählen die Forscher IT-Firmen, die Logistiksparte und unternehmensnahe Dienstleistungen wie Steuerberatung und Architektur. In diesen Bereichen sind in Potsdam heute rund 56 Prozent der Arbeitnehmer beschäftigt, womit die Stadt zum führenden Dienstleistungsstandort im Osten Deutschlands geworden ist. In Berlin arbeiten in den Zukunftsbranchen etwa 48 Prozent der Arbeitnehmer. Auch der Anteil der Hochqualifizierten – also von Hochschulabsolventen – an allen Beschäftigten ist in Potsdam hoch. Es sind mehr als 17 Prozent, womit Potsdam zu den ersten zehn Plätzen in Deutschland zählt. In Berlin sind nur rund 13 Prozent der Arbeitnehmer hoch qualifiziert. Im Ranking zu Buche schlug außerdem die Arbeitslosenquote: In Berlin liegt sie mit 16 nach wie vor fast sieben Prozent über dem Bundesdurchschnitt, während sie in Potsdam mit zehn Prozent zu den niedrigsten im Osten gehört. Den wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechend wächst die Bevölkerung Potsdams. Sie nahm im vergangenen Jahr um 2,6 Prozent zu und liegt nun bei fast 148 000. In Berlin stagniert sie.

Was jedoch nicht in der Studie steht: Die positive Entwicklung verdankt Potsdam auch seiner Nähe zu Berlin. „Das Berliner Umland profitiert von den Vorzügen des Zentrums“, sagt Tobias Koch von Prognos, einer der Projektleiter der Studie. Der Trend geht laut Koch dahin, eine Firma in Potsdam zu gründen oder ganz dorthin zu ziehen, aber die Infrastruktur Berlins zu nutzen. Als Vorteile Potsdams gegenüber Berlin nennt Koch die landschaftliche Schönheit, die Förderpolitik der Landesregierung und dass es viel Platz für Neubauten gebe.

„Berlin und Potsdam bilden zwar eine Symbiose“, sagt Koch, „aber davon profitiert ausschließlich Potsdam.“ Diese Konstellation sei einmalig in Deutschland. „Anderswo, etwa in München, geht die Entwicklung des Umlands immer von einem starken Zentrum aus.“ Das Verhältnis zwischen Berlin und Brandenburg beschreibt Koch als das eines behäbigen großen Bruders zu einer kleinen hübschen Schwester. Vielleicht bringen es auch zwei Fußabtreter auf den Punkt, die in Potsdamer Geschäften verkauft werden. Auf dem einen steht: „Berlin – Arm aber sexy.“ Auf dem anderen: „Potsdam – Schön und reich.“ Philipp Lichterbeck

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