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Landeshauptstadt: Hürden zu hoch

Wenige ausreisepflichtige Ausländer schaffen es vor die Härtefallkommission

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Am Stern - In Potsdam gibt es nach Angaben der Stadt derzeit etwa 350 ausreisepflichtige Ausländer. In ganz Brandenburg sind es zum Vergleich etwa 3500. Doch nur ein geringer Prozentsatz dieser Menschen versucht laut dem Potsdamer Diakonischen Werk den eigenen Fall noch einmal vor die Härtefallkommission (HFK) des Landes zu bringen, um die Abschiebung zu verhindern. „Viele Ausländer wissen gar nicht, dass es diese Möglichkeit der Einzelfallprüfung gibt“, sagte Heike-Rahima Omorodion, die für ein Jahr Mitglied des Gremiums war.

Anlässlich des 18-monatigen Bestehens der Brandenburger HFK diskutierten Kommissionsmitglieder gestern in der Sternkirche unter anderem mit Vertretern der Evangelischen Landeskirche, der Wohlfahrtsverbände und des Flüchtlingsrates sowie Mitgliedern von Bündnis 90/Die Grünen und der Linkspartei/PDS über Chancen und Grenzen des Gremiums. Einigkeit herrschte bei den Anwesenden darin, dass die Kommission keine Bleiberechtsregelung ersetzen kann. „Es liegt in ihrer Bestimmung, dass sich die Kommission mit Einzelfällen beschäftigen soll“, sagte HFK-Vorsitzende Patricia Chop-Sugden. „Daher konnte auch sie nicht die Erwartungen aller Menschen mit Duldungsstatus erfüllen.“ In ganz Brandenburg hätten seit Bestehen der Kommission 93 Menschen ein Bleiberecht erhalten. In vier weiteren Fällen habe der Innenminister das Gesuch der HFK jedoch abgelehnt.

Mehrere Diskussionsteilnehmer übten Kritik an der aktuellen Fassung der Härtefallkommissionsverordnung. Eine Novellierung sei dringend erforderlich, sagte auch Almuth Berger, die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg. Bislang seien die Hürden, um überhaupt geprüft zu werden, zu hoch. So gebe es in der Verordnung bestimmte Ausschlusskriterien, die eine neue Prüfung unmöglich machen. Ein Fall kann beispielsweise generell nicht neu verhandelt werden, wenn die Ausländerbehörde bereits einen Ausreisetermin festgesetzt hat oder wenn der Betreffende bei der Einreise falsche oder unvollständige Angaben gemacht hatte. Rechtsanwalt Rolf Stahmann, der auch Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht ist, sagte, die Brandenburger Ausschlusskriterien seien die schärfsten im ganzen Bundesgebiet. Besser sei die Regelung von Nordrhein-Westfalen. Dort habe die Härtefallkommission einen größeren Ermessensspielraum.

Mehrfach kritisiert wurde auch, dass jede HFK-Entscheidung in Brandenburg eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht, während in anderen Bundesländern eine einfache Mehrheit genügt. Bisher haben nach Angaben des Diakonischen Werkes Potsdam deshalb weniger als die Hälfte der von der HFK geprüften Fälle in einem Gesuch gemündet.J. Schoenherr

J. Schoenherr

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