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Landeshauptstadt: „Ich bin fast explodiert“

Günter Möstl half, den Skandal um die Sternwarte-Villen bekannt zu machen. Er wurde enttäuscht

Stand:

Potsdam - Es hält ihn kaum auf dem Platz in den Zuschauerreihen. Irgendwann ruft er laut dazwischen. Er wird vom SPD-Abgeordneten Sören Kosanke, dem Vorsitzenden des Krampnitz-Untersuchungsausschusses im Landtag, umgehend gerügt. „Ich bin fast explodiert. Es ist furchtbar, dass das so beendet wird“, sagt Günter Möstl, 75, wohnhaft in Babelsberg, Rosa-Luxemburg–Straße, direkt an der Sternwarte, später, als alles vorbei ist. Er versteht es nicht, dass dieser Skandal keine Konsequenzen haben soll, obwohl die Fakten für sich sprechen, der Schaden für das Land offenkundig ist, klarer noch als bei der Krampnitzer Kaserne.

Es hat sein Leben verändert, dieser Fall aus dem Potsdamer Monopoly. Es geht um vier historische Villen an der Königlichen Sternwarte in Babelsberg, direkt neben dem Schlosspark. Sie gehörten einst dem Land, ehe die Häuser – mit zwölf Wohnungen – 2004 verkauft wurden. Samt 15 000 Quadratmeter großem Parkgrundstück – für nur 290 000 Euro, 19 Euro je Quadratmeter, in Potsdam, Top–Lage. Fast alle Mieter zogen aus, ältere Leute, die keinen Ärger wollten, die 5000 Euro Abfindung nahmen. Die Villen, in der Grundsubstanz ohnehin intakt, wurden saniert und die Eigentumswohnungen dann für ingesamt rund vier Millionen Euro verkauft. Allein Möstl, der seit Ewigkeiten dort wohnte, war geblieben. Er wehrte sich, wollte sich nicht abfinden lassen und nicht damit abfinden, wie Brandenburg mit seinen früheren Mietern und seinem Vermögen umging. Er stellte Strafanzeigen, intervenierte bei Behörden. Er war es, der mit dafür sorgte, dass der Untersuchungausschuss auch den Verkauf dieses Filetstücks in Potsdam unter die Lupe zu nehmen hat. Gestern, am Dienstag, fast vier Jahre nach dem Start, vernahm der die ersten Zeugen. Und dann war es auch schon wieder vorbei.

Die Zeugen waren gar keine. Die beiden Männer aus dem Brandenburgischen Liegenschaftsbetrieb (BLB) hatten mit dem Verkaufsvorgang gar nichts zu tun. Der eine hatte nur „eine Vollmacht ausgestellt“, bevor das vorher ausgehandelte und vom Finanzministerium abgesegnete Vertragswerk zum Notar ging. Der andere war erst Jahre später kurz damit befasst, als nach einer Strafanzeige Möstls die Staatsanwaltschaft anfragte. Aber nicht etwa wegen des Schnäppchenpreises, sondern allein zur Frage, ob die Käuferfirma wirklich Ausgaben hatte – laut Kaufvertrag sollten es mehr als 260 000 Euro sein. Aus Sicht des BLB-Mitarbeiters war dies plausibel: Allein 100 000 Euro, so sagte er im Untersuchungsausschuss aus, seien als Entschädigung für den Erwerber jener Eigentumswohnung, aus der ein gewisser Herr Möstl nicht ausgezogen war, gegangen. Der heute immer noch dort wohnt. So wird es wohl ein Mysterium bleiben, weshalb das Land ohne richtige Ausschreibung die Villen für 290 000 Euro quasi verschenkte. Obwohl die Käuferfirma, wie CDU-Obmann Dierk Homeyer aus Dokumenten zitierte, im Mai 2003 selbst noch eine Million Euro geboten hatte.

Als Möstl 2010 mit dazu beitrug, dass das öffentlich wurde, war der Aufschrei groß, und auch das Interesse der Politik. Aus allen Parteien, außer der SPD, seien sie bei ihm gewesen, erinnert er sich. Sein persönliches Fazit? „Es ist ein Lehrbeispiel. Politik ist eben ein schmutziges Geschäft.“ Aber vielleicht schaffe er es ja nun, endlich das zu tun, wozu er in seiner Mission gegen diesen Filz, diese Ungerechtigkeit, in den letzten Jahren nicht gekommen sei. Nämlich ein Kinderbuch zu schreiben, für seine Enkeltochter.

nbsp;Thorsten Metzner

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