Landeshauptstadt: „Ich bin nur das Nadelöhr“
Kaum einer ist im deutschen TV erfolgreich wie Nico Hofmann: Ob „Der Tunnel“ oder „Unsere Mütter, Unsere Väter“ – der Potsdamer Produzent bekommt immer wieder Traumquoten
Stand:
Nico Hofmann ist an diesem kalten Morgen auf dem Sprung. In wenigen Stunden fliegt er nach Südafrika. Dort dreht ein Team seiner Produktionsfirma UFA Fiction einen Film über Bernhard Grzimek. Wer von Hofmann, dem wohl erfolgreichsten Fernsehproduzenten in Deutschland, eine Art Heimatfilm mit Tieren erwartet, wird wohl enttäuscht werden. „Es ist ein komplexes deutsches Leben“, sagt er über Grzimek. Selbst ein Film über den Tierforscher ist für den Produzenten Anlass, über die deutsche Geschichte nachzudenken.
Auch mit dem Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ hatte sich Hofmann im März auf Spurensuche begeben. Bis zu acht Millionen Zuschauer sahen im ZDF pro Folge den wohl persönlichsten seiner rund 300 Filme. Mit dem Drama einer Generation, die von der Schule in den Krieg zog, traf der 53-Jährige einen Nerv. Wochenlang beschäftigten sich die Medien mit dem Film, der nun auch in anderen Ländern zur Hauptsendezeit laufen soll.
„In Millionen deutschen Familien herrscht bis heute eine Unfähigkeit, über diese Dinge zu sprechen“, sagt Hofmann. Von „Vereisungen“ spricht er und meint die Spuren, die der Nationalsozialismus in der Nachkriegs-Gesellschaft hinterlassen hat. Dem Sohn aus einer Journalisten-Familie glückte mit dem Film wohl etwas, was dem Fernsehen immer seltener gelingt: Menschen über verschiedene Generationen hinweg vor den Geräten zu versammeln.
Fast wie eine Mission sieht Hofmann seine selbstgestellte Aufgabe, die Sprachlosigkeit über die NS-Zeit und den Krieg zu überwinden. Es geht dabei auch um eine Auseinandersetzung mit seinem fast 90-jährigen Vater, der von der Front zurückkehrte – und schwieg.
„Er wechselte in eine pazifistische Gegenposition, die so weit ging, dass er bei der Scheidung von meiner Mutter nicht um mich kämpfen wollte, um ja keine aggressive Stimmung in der Familie aufkommen zu lassen.“ Jahrelang lag er mit seinen Eltern über die deutsche Geschichte im Clinch, immer wieder suchte er das Gespräch.
Betroffen hat Hofmann reagiert, dass der Film ausgerechnet in Polen von einigen als revanchistisch attackiert wurde. Doch er habe auch Diskussionen ausgelöst über die Beteiligung vieler Polen bei der Verfolgung der Juden. Und das ist dann für Hofmann wieder ein Grund, an seiner Mission festzuhalten.
Ob Wiedervereinigung („Der Tunnel“), der Wehrmachtsgeneral Rommel, das Bürgertum in der DDR („Der Turm“), schwule Jugendliche oder Ex-Verteidigungsminister Guttenberg – Hofmann habe sich zum „Deuter deutscher Befindlichkeit“ aufgeschwungen, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“. Mit dem Titel kann Hofmann leben.
Er gehe wie ein Journalist vor. Das habe er von seiner Mutter gelernt, die 30 Jahre bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ arbeitete. „Journalismus spielt in meinem Leben eine genauso wichtige Rolle wie die Aufbereitung der Vergangenheit.“ Sieben Jahre habe er gemeinsame mit seinem Team an „Unsere Mütter, unsere Väter“ gearbeitet, seine persönliche Beschäftigung als Produzent mit der NS-Zeit sei aber jetzt abgeschlossen. Doch das Thema lässt Hofmann nicht los. Er plant eine Produktion über die NS-Filmregisseurin Leni Riefenstahl mit Maria Furtwängler in der Hauptrolle und einen Film über den Stuttgarter Staatsanwalt Fritz Bauer, der nach dem Krieg NS-Täter vor Gericht brachte.
Immer wieder äußert sich Hofmann über Projekte und Plots – von den Schlecker-Frauen bis zu Christian Wulff. Der Sat.1-Film über den Rücktritt des Bundespräsidenten mit Kai Wiesinger und Anja Kling soll noch vor Prozessende ins Programm kommen. Am 25. Dezember startet außerdem „Der Medicus“, einer der letzten großen unverfilmten Historienromane, der in Deutschland mehr als sechs Millionen Mal verkauft wurde.
Hinter Hofmanns kreativer Energie steht dann ein großer Apparat, der aus der Fusion von Hofmanns eigener Firma Teamworx, der TV-Schmiede Phoenix und der UFA Fernsehproduktion zur UFA Fiction entstand. Die UFA-Tochter ist mittlerweile der zweitgrößte TV-Produzent in Deutschland. Von Donna Leon bis zum „Starken Team“, ob Private oder Öffentlich-Rechtliche – jede Woche sind rund ein halbes Dutzend UFA-Filme im Programm. Hofmann, der Geschäftsführer bei UFA Fiction und Produzent ist, wirkt gelassen angesichts der Masse. „Ich versuche, Themen zu entdecken und auf ihre Fernsehtauglichkeit zu prüfen – aber ich bin nicht das Medium“, sagt Hofmann. „Ich bin nur das Nadelöhr“. UFA FICTION]
Esteban Engel
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: