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Sport: „Ich brauche Leadertypen“

Turbine-Trainer Bernd Schröder hat wenig Hoffnung auf die erneute Teilnahme an der Champions League

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Das hatte sich Bernd Schröder dann doch etwas anders vorgestellt. Die Saison in der Frauenfußball-Bundesliga ist fast zu Ende, doch die Titelverteidigung ist spätestens nach den beiden Niederlagen gegen Essen und Frankfurt für den FFC Turbine Potsdam in weite Ferne gerückt. Und: Allem Anschein nach wird der Erfolgs-Trainer seine Mannschaft in diesem Jahr auch nicht mehr zu einer Teilnahme am internationalen Fußball bringen können. Die beiden bitteren 0:1-Niederlagen waren fast wie ein Dolchstoß. „Aus eigener Kraft werden wir die Titelverteidigung und die Teilnahme an der Champions League nicht mehr erreichen“, sagt der 70-Jährige. „Nach Lage der Dinge haben wir unser Ziel nicht komplett erreicht.“

Soll heißen: Immerhin steht das Turbine-Team am 19. Mai in Köln im Finale des DFB-Pokals gegen den VfL Wolfsburg. Und schließlich, so Schröder, wurde ja auch der diesjährige Hallenpokal gewonnen. Aber international wird Turbine, derzeit hinter Wolfsburg und Frankfurt auf dem dritten Tabellenplatz der Bundesliga stehend, in der kommenden Saison wohl nicht aktiv sein. Anders als im Männerfußball hat dieser Fakt jedoch bedeutend weniger finanzielle Auswirkungen. „Die Champions League ist eine reine Imagefrage“, erklärt Schröder. „Da nimmst du vielleicht 20 000 Dollar ein und hast ein Vielfaches an Ausgaben zu tragen. Trotzdem ist es ärgerlich, nicht dabei zu sein.“

Eine Imagefrage ist allerdings auch die Finalteilnahme am DFB-Pokal. Und auf den konzentriert sich das Schröder-Team nun vor allen Dingen. „Das ist Ehrensache und gut für das Image“, sagt Schröder. „Wir wollen ein Achtungszeichen setzen. Jedoch ist unser Fokus schon ganz klar auf die kommende Saison gerichtet.“

Zuvor sind allerdings noch drei Spiele in der laufenden Bundesligasaison zu absolvieren. Am Sonntag ist Bayer 04 Leverkusen um 11 Uhr zu Gast im Karl-Liebknecht-Stadion. Eine Mannschaft, die Bernd Schröder schätzt. Er weiß, wie sich die Mannschaft in den letzten Spielen gesteigert hat. Auf dem achten Platz stehen die Gegnerinnen derzeit und zumindest von der Papierform her sollte die Favoritenstellung klar sein. Davon geht ein erfahrener „Trainerfuchs“ wie Schröder allerdings nie aus. Isabell Kerschowski, die einst bei Turbine das Fußballspielen erlernte und sich zum wichtigen Leistungsträger der Mannschaft entwickelte, ist inzwischen Kapitänin in Leverkusen. Sie wird ihr Team bestens motiviert haben und auch selbst voller Ehrgeiz den Rasen des Karl- Liebknecht-Stadions betreten.

Obwohl bereits nahezu alle Messen gesungen sind, will Schröder vom Abhaken der Saison nichts hören. „Ich bin Realist. Die letzten beiden Niederlagen waren nicht eingeplant“, gibt er zu. „Aber theoretisch ist ja noch alles möglich. Die anderen müssen nur mitspielen.“

Das werden sie jedoch kaum tun, und so bleibt allein die Konzentration auf die eigene Stärke. Für das Heimspiel hat Schröder fast den kompletten Kader an Deck. Jennifer Cramer wird wegen ihrer fünften Gelben Karte im Mittelfeld fehlen – für sie wird Schröder wahrscheinlich Andrine Hegerberg einsetzen.

Aber der Blick geht weiter voraus auf die nächste Saison. Und vor dieser muss Schröder erneut ein neues Team formen, da bisherige Leistungsträgerinnen den Verein verlassen. Torhüterin Alyssa Naeher wird beispielsweise in die USA zurückkehren und auch die japanische Weltmeisterin Yuki Ogimi kehrt Turbine den Rücken. Nach drei Jahren in Potsdam, so der Trainer, war keine Steigerung mehr zu erwarten. Außerdem stehen Patricia Hanebeck und Sara Doorsoun vor dem Absprung. Als Neuzugang steht bislang allein Julia Simic fest, die von Bayern München an die Havel wechselt.

„Ich brauche einfach Leadertypen“, sagt Schröder. „Spielerinnen, die auf dem Platz eine ganz klare Ansage machen, die die Mannschaft führen. Und zurzeit ist die Hierarchie bei uns einfach auf vielen Schultern verteilt.“ Da hätten Verletzungen von charismatischen Spielerinnen wie Tabea Kemme, Johanna Elsig und Jennifer Zietz das Team zurückgeworfen. „Unsere Spielerinnen sind derzeit einfach zu brav“, schätzt Schröder ein. „Sehr harmonisch eben. Aber darum geht es im Fußball nunmal nicht.“

mit dpa

Henner Mallwitz

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