
© Andreas Klaer
PYAnissimo: Ich bremse auch für Frauen
Weil kinder- und frauenfreundliche Politik immer nur im Paket mit einer Politik des gesunden Menschenverstandes funktionieren kann, kommt hier mein Vorschlag: Ich bin für eine Quote.
Stand:
Der Potsdamer Männer-Kochklub will die Ehefrauen seiner Mitglieder in der kommenden Woche bekochen und verwöhnen. Anlässlich des Frauentags. Ich finde diesen komischen Gedenktag zwar so überflüssig wie einen Kropf – aber sei’s drum, sollen sie kochen. Es ist immerhin ein brauchbarer Beitrag zum Frauentag – kein fremdbestimmter Amüsiertermin, Kabarett, Prosecco und Priemeltopf, und auch keine politische Diskussion, deren Effekt sowieso gleich verpufft. Es gibt keine Frauenpolitik, genauso wenig wie es eine Behindertenpolitik gibt oder eine Politik für Mieter oder Investoren, für Christen, Juden und Flüchtlinge ... Additives Minderheitenmanagement kann nur symptomatisch wirken.
Ich würde mich schon freuen, wenn wir es in Potsdam irgendwann mal schaffen, zwischen lauter Sichtachsen den Menschen, gleich welchen Geschlechts, wieder ins Visier zu nehmen. Jedes Mal, wenn ich im Schritttempo über die Humboldtbrücke fahre, suche ich die, die hier die Sichtachse über den seit Jahren geplanten Bolzplatz genießen. Und die sich angeblich daran stören würden, wenn hier außer einer Spielfeldmarkierung noch ein Toilettenhäuschen dreiste Dreimeterfünfzig in die Höhe ragen würde. Verzichten will die Stadt hier auch auf ein Rasendrainagesystem. Dann säuft zwar nach jedem Sommergewitter das Spielfeld ab und eignet sich höchstens fürs Schlammcatchen – aber auch das kann ja Spaß machen. Die Stimmung zwischen Verein und Stadt ist dennoch derzeit im Eimer – und wieder passiert nichts. Gehe zurück auf Los. Concordia Nowawes ergriff deshalb schon vor einem Jahr, weil die Trainingszeiten nicht ausreichten, Maßnahmen wie diese: „Die geplante Neubildung des Mädchenteams wird abgesagt. „Den Mädchen, die bereits Mitglied sind oder auf der Warteliste stehen, können wir vorerst leider keine Trainingszeiten und keine Punktspielteilnahme ermöglichen.“ Und nun will sich Potsdam um die Plakette kinderfreundlich oder so ähnlich bewerben. Gibt es dann für jedes Auto einen Aufkleber „Ein Herz für Kinder“? „Ich bremse auch für Schulanfänger“? Oder passiert noch irgendetwas Substanzielles?
Weil kinder- und frauenfreundliche Politik immer nur im Paket mit einer Politik des gesunden Menschenverstandes funktionieren kann, kommt hier mein Vorschlag: Ich bin für eine Quote. Keine Frauenquote, die immer irgendwie altbacken scheint und nach Alice-Schwarzer-Aktionismus müffelt. Ich unterstütze vielmehr die Männerquote. Posten wie Geschäftsführer, Stadtplaner, Manager oder Fußballtrainer werden mit einem männlichen Anteil von bis zu 50 Prozent besetzt. Und der Anteil an Backwarenverkäufern, Grundschullehrern, Erziehern und Zimmermädchen, an Personal in schlecht bezahlten Pflegeberufen und Teilzeitjobs, die direkt und nicht über Los in die Altersarmut führen, mit einer Quote von mindestens 50 Prozent Männern. Zumindest mal probeweise. Wir sind ja nicht wahnsinnig. Erst mal schauen, wie sie sich am Herd anstellen.
Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg
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