
© A. Klaer
Streit um Ticketkauf in Potsdamer Tram: „Ich finde das ungerecht“
Der Verkehrsbetrieb Potsdam geht gegen eine 19-Jährige vor, die sich in der Tram einen Fahrschein kaufen wollte. Der Vorwurf: Sie habe sich dafür zu viel Zeit gelassen und sei deswegen schwarz gefahren.
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Potsdam - Jasmine Jalkhy kann es immer noch nicht fassen. Die 19-Jährige soll 60 Euro zahlen, weil sie in einer Straßenbahn von Kontrolleuren des Verkehrsbetriebs (ViP) ohne gültigen Fahrschein erwischt worden ist. Dabei habe sie sich gerade einen Fahrschein am Automaten holen wollen. „Ich finde das ungerecht“, sagt die junge Frau, die seit Oktober 2015 in Potsdam lebt, nachdem sie aus ihrer Heimat in Syrien flüchten musste.
Der Vorfall passierte bereits am 30. November vergangenen Jahres. Jasmine Jalkhy erzählt, sie sei an diesem Morgen spät dran gewesen – sie musste vom Schlaatz zu ihrem Deutsch-Lernkurs in der Pappelallee. Also rannte sie nach ihrer Darstellung, um noch die Tram der Linie 92 rechtzeitig zu erreichen. Und schaffte es, obwohl sie eine schwere Tasche für den Unterricht bei sich trug. Daher habe sie sich kurz hinsetzen müssen – und lief dann aber wieder in Richtung Ticketautomat los. In diesem Moment habe sie ein Kontrolleur des ViP gestoppt und wollte ihren Fahrschein sehen – den sie noch nicht gekauft hatte. Es folgten Diskussionen – doch der Kontrolleur blieb bei seiner Sichtweise, dass die 19-Jährige eine Schwarzfahrerin sei. Andere Fahrgäste hätten ihr Unverständnis über ihre Behandlung geäußert, sagt sie.
Doch es half nichts: Einige Tage später bekam Jasmine Jalkhy ein Schreiben in ihrer Post, dass sie nun 60 Euro zahlen soll. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt sie. Mit einer deutschen Freundin verfasste sie einen Widerspruch und wendete sich auch an die PNN.
ViP: Fahrgast muss unverzüglich Fahrschein kaufen
Doch beim ViP sieht man sich im Recht. „Wir haben den Sachverhalt mehrfach geprüft und entsprechenden Kontakt mit einer Beauftragten der Kundin gehabt“, sagte Sprecher Stefan Klotz auf PNN-Anfrage. Doch die Kundin habe sich, bevor sie den Automaten aufsuchen wollte, einen Sitzplatz gesucht. Sie vertrete die falsche Auffassung, dass man nach dem Einstieg in ein Fahrzeug eine Haltestelle Zeit besitze, um sich einen Fahrausweis zu kaufen. „Dies ist nach den Regularien des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg aber nicht so.“ So sei in den Beförderungsbedingungen klar geregelt, „dass ein Fahrgast seinen Fahrausweis unverzüglich und unaufgefordert nach Betreten des Fahrzeuges zu lösen hat“. In diesem Fall sei das nicht geschehen – deshalb hätten die Kontrolleure die Strafe ausgesprochen.
Allgemein sagte Klotz, bei vielen Widersprüchen gegen Strafen für Schwarzfahren würde die Schuld, „dass der Fahrgast nicht im Besitz eines Fahrausweises war oder ihm die Möglichkeit verwehrt wurde, diesen am Automaten zu kaufen, bei den Kontrolleuren oder dem Verkehrsbetrieb gesucht“. Um solchen Ärger zu vermeiden, könnten schon vor Fahrtantritt Tickets auch in den ViP-Kundenzentren oder in 23 Agenturen – verteilt über das Stadtgebiet – gekauft werden. „Als beste und am Ende auch günstigste Variante für die Nutzung der Potsdamer Verkehrsmittel bleibt aber weiterhin das Abonnement: Zehn Monate zahlen – zwölf Monate fahren“, sagte Klotz.
Mehr Schwarzfahrer 2016 erwischt
Insgesamt seien 2016 rund 1900 mehr Schwarzfahrer mehr erwischt worden als noch im Vorjahr. Insgesamt ging es um knapp 8000 Fälle. Im Vorjahreszeitraum habe der Anstieg nur bei rund 250 Fällen gelegen. Obwohl die Anzahl der beauftragten Kontrollen seit Jahren auf gleichbleibendem Niveau ist, steigen die Schwarzfahrerzahlen, sagte Klotz. Eine Provision pro Fall würden die Kontrolleure nicht erhalten, machte er deutlich.
Und Jasmine Jalkhy? Sie will an ihrem Widerspruch zunächst festhalten und die 60 Euro nicht zahlen. „Ich will keine Probleme bekommen – aber ich dachte, dass Deutschland ein Rechtsstaat ist, in dem es nicht ungerecht zugeht.“
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