zum Hauptinhalt

Amerikaner in Potsdam über US-Wahl 2016: „Ich habe Clinton gewählt“

In Potsdam lebende US-Amerikaner berichten, wie sie die Wahl in ihrer Heimat verfolgen - und wen sie gewählt haben.

Stand:

Hillary Clinton oder Donald Trump? Auch in Potsdam fiebern Amerikaner mit, wie dieses Duell endet. Die PNN haben sich umgehört, wie sie die heute stattfindenden Präsidentschaftswahlen in den USA erleben.

Die Politik-Philosophin

„Ich verfolge die Wahl mit großen Befürchtungen, auch wenn ich – sowie alle meine Familienmitglieder und Freunde – mir immer noch nicht vorstellen kann, dass der geistesgestörte, neofaschistische Kandidat der Republikaner auch eine Chance hat. Warum er soweit gekommen ist, müssen wir nach den Wahlen analysieren: Eine Kultur, die Politik mit Reality-TV-Shows verwechselt und in der wir nicht mehr in der Lage sind, Wahrheit und Lüge scharf zu trennen, kann immer wieder so etwas produzieren. Ich habe Freunde, die jede Stunde die Meinungsumfragen anschauen. Das tue ich selbst nicht, da die Umfragen überhaupt nicht in der Lage waren, die jetzige Situation vorherzusagen. Natürlich habe ich gewählt – obwohl ich ursprünglich Bernie Sanders unterstützte, habe ich jetzt Clinton meine Stimme gegeben und hoffe, dass auch genügend andere diese Wende gemacht haben. Die ganze Nacht wach bleibe ich nicht – zumal ich versprochen habe, morgen Interviews zum Thema zu geben.“

Susan Neiman, 1955 geboren in Atlanta, Gerorgia, ist Philosophin und Direktorin des Einstein Forums in Potsdam.

Der Drehbuchautor

"Ich selbst habe für Hillary Clinton gestimmt – damit Donald Trump nicht gewinnt. Natürlich hätte ich es gut gefunden, wenn Bernie Sanders oder ein anderer angetreten wäre. Aber vielleicht ist Amerika dafür noch nicht bereit. Das Erstaunliche für mich ist bei diesem Wahlkampf, wie die „schweigende Mehrheit“, die sonst normalerweise nie zur Wahl geht, jetzt erwacht ist – sowohl auf der linken wie auch auf der rechten Seite. Andererseits nicht erwartet hätte ich, dass die Polarisierung und der Mangel an Vertrauen in beide Kandidaten zugleich auch viele dazu bringt, nicht wählen zu gehen. Für mich selbst das Schwierigste war es, überhaupt wählen zu können. Denn überraschenderweise stellte sich die Übersee-Briefwahl komplizierter dar als noch zu Zeiten von Obama. Ich musste mich sogar bei Wahlleiter von Missouri beschweren, weil ich trotz drei Nachfragen über Wochen auf Antwort warten musste. Schließlich erhielt ich einen Link zu einem Wahlschein zugesendet, den ich ausdrucken musste. Schließlich musste ich zwei unterschriebene Kopien absenden. Zumindest wird 2016 als Fallstudie für die amerikanische Demokratie dienen können, um künftige Präsidentschafts-Desaster vermeiden zu können."

Der Filmemacher und Drehbuchautor Matt Sweetwood, 1971 geboren in Kansas City, Missouri, lebt in Potsdam und ist unter anderem mit dem Dokumentarfilm „Beerland“ bekannt geworden.

Der Berater

"Gerade bin ich Marathon in New York gelaufen. Nach meinen Gesprächen hier habe ich das Gefühl, dass bei einer US-Wahl noch nie derart unbeliebte Kandidaten zur Wahl standen – wobei ich diese Art des aggressiven Wahlkampfs erwartet habe. Hillary Clinton ist dabei aber auch so unbeliebt, weil sie schon seit Jahrzehnten eine Hassfigur bei den Republikanern ist, schon in der Zeit, als sie First Lady im Weißen Haus war. Donald Trump ist dagegen wegen seines gesamten Verhaltens sehr unbeliebt. Ich habe inzwischen, wie schon 40 Millionen andere Amerikaner, abgestimmt – für Hillary Clinton. 2008 war das noch anders. Damals habe ich in den Vorwahlen für Obama und gegen Clinton gestimmt, weil Obama als Typ für progressive Veränderungen stand. Es war für mich auch ein bewegender Moment, als er zum ersten schwarzen Präsidenten ernannt wurde. Heute bin ich vor allem für Clinton, weil Trump keine Alternative ist. Es ist aber keine Wahl aus Begeisterung heraus wie damals bei Obama, sondern eine aus Notwendigkeit. Verfolgen werde ich die Wahl ab Mitternacht, wie immer zusammen mit meinen beiden Kindern, sie bekommen am nächsten Tag schulfrei wegen politischer Bildung. Trotz allem denke ich, dass Hillary Clinton haushoch gewinnen wird."

Der Unternehmensberater und Langstreckenläufer Gerald Wood, geboren 1964 und aufgewachsen in Columbia im Bundesstaat South Carolina, wohnt in Potsdam.

Potsdams Partnerstadt Sioux Falls

Potsdams US-amerikanische Partnerstadt Sioux Falls befindet sich im Osten des ländlich geprägten Bundesstaats South Dakota. Das 800 000-Einwohner-Bundesland gilt als Hochburg der Republikaner, die dort auch bei den vergangenen Wahlen 2008 und 2012 mit Abstand die meisten Stimmen holten. In South Dakota haben die Republikaner sowohl im Senat als auch im Parlament die Mehrheit – mit 27 zu acht beziehungsweise 57 zu zwölf Sitzen. In den Umfragen führt der Republikaner Donald Trump derzeit mit 43 bis 50 Prozent, die Demokratin Hilary Clinton hingegen kommt nur auf Werte zwischen 26 und 33 Prozent. Laut einer Prognose der New York Times gewinnt Donald Trump zu in South Dakota 99 Prozent die Wahlmänner des Bundesstaats – von denen es übrigens nur drei gibt.

Lesen Sie weiter:

Unsere Kollegen vom Tagesspiegel berichten aktuell in einem Live-Blog >>

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })