Babelsberger Stuntman: „Ich habe zweimal komplett gebrannt“
Der Stuntman Armin Sauer erinnert sich an 20 Jahre Stuntshow im Filmpark Babelsberg
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Herr Sauer, am Samstag feiert der Filmpark das 20. Jubiläum seiner Stuntshow, die im Laufe der Jahre rund acht Millionen Menschen gesehen haben. Sie waren von Anfang an als Stuntkoordinator dabei und haben selbst schon Tausende von Stunts in der Show sowie in großen Film- und Fernsehproduktionen gemacht. Wie kommt man an so einen Job?
Ich bin in der DDR neben dem Studium mit einer asiatischen Kampfkunst-Show durchs Land getingelt und wollte daraus meinen Beruf machen. Ich hatte aber überhaupt nie vorgehabt, später als Stuntman zum Film zu wollen. Die Kampfkunst-Show war für damalige Verhältnisse sehr exotisch und ich bin teilweise 25 Tage im Monat damit unterwegs gewesen. Das lief etwa von 1984 bis 1989. In Cottbus habe ich damals Achim Mentzel kennengelernt, der so etwas wie mein erster Mentor in Sachen Professionalität war. Er hat zum Beispiel gesagt: „Da muss noch Musik dazu und die Kostüme müssen ganz anders sein!“ Danach waren wir viel professioneller.
Ging es dann gleich nach Potsdam?
Nein, ich ging 1989 erst mal nach Augsburg und arbeitete dort als Bauingenieur, bis mir einfiel, dass ich ja eigentlich was ganz anderes machen wollte. Ich rief bei einem Künstlerdienst in München an, aber da hieß es, diese Bruce-Lee-Kung-Fu-Welle sei doch längst vorbei. Ich schloss mich dann einer Stuntshow in München an. Als wir damit 1992 in Bottrop waren, lernte ich Friedhelm Schatz kennen, der zu mir meinte: „Du kommst doch auch aus dem Osten – hast du nicht Lust, zurückzukommen?“ Im Filmpark hatte ich dann ein eigenes Team und konnte mir selbst die Story der Stuntshow ausdenken.
Den Vulkan gab es aber noch nicht, wo heute die Shows stattfinden?
Nein, wir spielten vor einer Freiluft-Tribüne mit 750 Plätzen, wo heute das „Atelier der Traumwerker“ steht. Ich würde sagen, die damalige Show war vielleicht sogar schicker als heute: Die Zuschauer saßen extrem nah dran – du merkst schon die Kräfte, wenn so ein Auto einen Meter vor dir abbremst! Da wir in Babelsberg waren, wurde schnell klar, dass wir ein Filmthema für die Show machen wollten und orientierten uns schließlich an den Mad-Max-Filmen. Durch Beziehungen kam ich sogar an ausgediente Armeefahrzeuge für die Kulisse heran, wir hatten auch von Anfang an immer ein Motorrad mit in der Show. Irgendwann hat dann noch ein Mädel mitgespielt, das war ein weiterer Hingucker.
Die Stuntshow entwickelte sich schnell zu einem Highlight, der Schritt Richtung Film und Fernsehen war da nicht mehr weit, oder?
Im Laufe der Zeit habe ich an rund 200 Produktionen mitgearbeitet, zum Beispiel bei „Enemy At The Gates“ oder „Der Pianist“. Das meiste sind aber nach wie vor Fernsehproduktionen, zum Beispiel für den Tatort, für den ich auch schon zweimal komplett gebrannt habe. Meine Stunts reichen dabei vom Treppensturz bis zum Autoüberschlag. Am herausfordernsten fand ich bislang die Arbeit an „Die Bourne-Verschwörung“, wo es sehr viele Autostunts gab.
Hatten Sie dabei schon mal einen Unfall?
Das lässt sich in unserem Beruf leider nie völlig vermeiden. Das Schwierigste ist die tägliche Routine und die Betriebsblindheit, die man bei so einer Show entwickelt. Ich bin auch schon mal von der Leiter abgerutscht und Ähnliches, aber bis auf Prellungen und Platzwunden ist nie etwas wirklich Schlimmes passiert. Für eine Krankenhausserie musste ich einmal durch eine Glasscheibe in einen 14 Meter tiefen Innenhof springen, aber ich hatte zuvor nicht selber überprüft, wie weit die Scheibe genau vom Absprung entfernt war. Es ist am Ende gut ausgegangen, aber eigentlich musst du immer selbst für so was verantwortlich sein. Bei unserer jetzigen Stuntshow gibt es natürlich viele Sicherheitsmaßnahmen, zum Beispiel wird alles, was für Abseilaktionen gebraucht wird, monatlich auf Verschleiß geprüft.
1999 wurde dann ein Umbau im Filmpark fällig. Wie kam es dazu?
Der Vulkan mit seinen 2500 Plätzen entstand hauptsächlich aus akustischen Gründen: Die Anwohner kannten die Namen der Darsteller alle schon auswendig, weil sie die Show ständig hörten – es gab massive Beschwerden wegen des Lärms. Ursprünglich sollten auch noch Filme im Vulkan gezeigt werden und Konzerte stattfinden, das hat man aber bald wieder aufgegeben. Für uns war der Vulkan eine Herausforderung, denn wir hatten in der Arena keine verdeckten Auftrittsmöglichkeiten. Im Laufe der Jahre haben wir uns dabei immer wieder neue Storys ausgedacht, oft angelehnt an das Mad-Max-Szenario.
Wo steht die Show heute?
Die Show ist mittlerweile einfach rund, das Publikum ist begeistert und es sind genügend Gags drin – das ist auch sehr wichtig, damit man wieder von der Anspannung runterkommt. Die Vorbereitung dauert nur rund eine halbe Stunde, in der wir alle Glasscheiben wieder einsetzen und die Luftkissen aufpumpen. Wir versuchen immer wieder, das Ganze hier und da noch etwas zu aufzupeppen, aber es ist schwierig, eine komplett neue Show auf die Beine zu stellen.
Werden in Zeiten von Computertricks reale Stunts und Pyrotechnik überhaupt noch gebraucht?
Ja, es wird immer wieder darüber gesprochen, dass man sich so eine Autoexplosion ja einfach aus einem Archiv abrufen kann, aber es muss immer noch jemanden geben, der den Anfang und das Ende der Szene spielt. Außerdem würde man sehen, wenn alles computeranimiert ist; der komplett animierte Film „Final Fantasy“ war ja auch kein großer Renner. Bei Pyrotechnik kommt es besonders auf die Qualität der Effekte an, ich denke, man wird Computereffekte künftig vor allem zur Unterstützung von realer Pyrotechnik verwenden. Und bei den Fernsehproduktionen, die den Großteil unserer Arbeit ausmachen und von der Action her nicht so aufwendig sind, wird nach wie vor wenig mit Animation gemacht. Die Stunt- und Pyrotechnik-Experten werden in Deutschland weiterhin viel zu tun haben.
Die Fragen stellte Erik Wenk
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