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Landeshauptstadt: „Ich möchte so gern hier heraus“ Weihnachtsfeier im Obdachlosenheim

Nedlitz - Früher hat er bei der Bundeswehr als Maschineningenieur studiert, später als Flugschreiber gearbeitet, war dazu aktiver Kampfsportler. Das war vor etwa 40 Jahren, ein goldenes Sportabzeichen von damals trägt er noch immer an seinem Revers.

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Nedlitz - Früher hat er bei der Bundeswehr als Maschineningenieur studiert, später als Flugschreiber gearbeitet, war dazu aktiver Kampfsportler. Das war vor etwa 40 Jahren, ein goldenes Sportabzeichen von damals trägt er noch immer an seinem Revers. Inzwischen hat Manfred Wilberg jedoch erkennbar Mühe, sich an die eigene Geschichte zu erinnern, seine Hände zittern ein wenig, wenn er spricht. Seit Jahren schon wohnt er im Obdachlosenheim am Lerchensteig: Gestern stand dort die Weihnachtsfeier an.

Für diesen Anlass hatte sich Wilberg nicht nur extra einen Anzug angezogen, sondern sich zuvor selber auch ein Geschenk ausgedacht. Oberbürgermeister Jann Jakobs als Gast des Heims der Arbeiterwohlfahrt (AWO) bekam von Wilberg wie im vergangenen Jahr ein Bild überreicht, dieses Mal einen romantisch wirkenden Blick aufs Meer. Drei Stunden hat er daran gesessen, sagt Wilberg. Das nun der Oberbürgermeister mit der Malerei bedacht wurde, hat vor allem einen Grund, sagt Wilberg: „Er ist wie ich in der SPD – und man kann bei Problemen zu ihm kommen.“

Jakobs selbst revanchierte sich bei allen Heimbewohnern ebenso mit einem Geschenk: Heute soll dem Obdachlosenheim ein neuer Kühlschrank geliefert werden. Dazu brachte Potsdams SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein – auch sie war eingeladen – eine Mikrowelle mit. Die beiden Gerätschaften sollen nun den jeweils bis zu 85 Heimbewohnern helfen, von denen viele chronische Alkoholprobleme besitzen.

Das Obdachlosenheim und sein Angebot scheinen angenommen zu werden. Gestern waren alle Tische besetzt, rund 70 Menschen drängten sich in den Räumen. „Wir sind hier immer gut belegt“, sagte die Potsdamer AWO–GeschäftsführerinAngela Basekow zur Auslastung ihres Heimes in Zeiten wirtschaftlichen Aufschwungs. Ziel der Arbeit bleibe in jedem Fall den Klienten möglichst wieder ein normales Leben zu ermöglichen: Ein Drittel schafften den Umzug nach schon ein bis zwei Monaten, ein weiteres Drittel brauche ein paar Monate mehr – und der Rest lebe schon seit Jahren im Obdachlosenheim. Wie Manfred Wilberg. Seit Jahren will er an diesem Zustand etwas ändern: „Ich möchte so gern hier raus.“ Henri Kramer

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