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Landeshauptstadt: „Ich wurde nicht ernst genommen“

Mutter einer suizidgefährdeten Potsdamerin erhebt Vorwürfe gegen Psychiatrie

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Neue Entwicklung im Fall der Montagnacht aus dem Gleisbett geretteten selbstmordgefährdeten Potsdamerin: Nun erhebt deren Mutter, Sandra M. (*Name geändert), Vorwürfe gegen die behandelnden Ärzte der Psychiatrie am städtischen Ernst-von-Bergmann-Klinikum. Der Grund für die katastrophale Verfassung ihrer 27-jährigen Tochter sei die Entscheidung der Ärzte gewesen, eine nach Einschätzung der Mutter erfolgreiche Gesprächstherapie am 2. Mai abzubrechen und die junge Frau einen Tag später gegen den Willen der Mutter aus der Klinik zu entlassen. Mit ihren Hinweisen auf die Selbstmordabsichten ihrer Tochter sei sie bei den Ärzten auf taube Ohren gestoßen, erklärte Sandra M. den PNN: „Ich wurde nicht ernst genommen.“

Demnach begann die Geschichte bereits in der Vorwoche, die mit einer konzertierten Aktion von Polizei, Bundespolizei und der Deutschen Bahn am Montagabend kurz nach 23 Uhr nahe der Brücke über den Teltowkanal zunächst ein gutes Ende nahm (PNN berichteten). Am Donnerstag, dem 2. Mai, entschieden die Ärzte laut Sandra M., dass die Gesprächstherapie bei der seit Anfang April unter anderem wegen einer Persönlichkeitsstörung stationär behandelten Patientin abgebrochen wird – für die Süd-Brandenburgerin ohne nachvollziehbare Erklärung. „Meine Tochter war am Boden zerstört“, schildert sie die Auswirkungen auf die junge Frau. Sie leidet demnach unter dem Borderline-Syndrom, das sich auch in selbstverletzendem Verhalten äußert.

Zu einem von der Mutter gewünschten Gespräch mit dem Klinikchef oder dem Oberarzt sei es nach dem Abbruch der Therapie nicht mehr gekommen. Stattdessen wurde die junge Frau am Freitagnachmittag gegen den ausdrücklichen Wunsch der Mutter entlassen, obwohl diese die Ärzte über die Selbstmordabsichten ihrer Tochter informierte. Die junge Frau verließ laut Sandra M. die Station ohne ihr Gepäck und teilte der Mutter dann per SMS mit, dass sie sich umbringen wolle. Erst bei der Polizei sei sie mit ihren Befürchtungen ernst genommen worden.

Am Samstag wurde die junge Frau wieder per Beschluss auf der Station aufgenommen, entfernte sich dann aber mehrfach – zuletzt am Mittwoch. Nachdem die Polizei sie erneut aufgegriffen habe, sei sie nun in einer Fachklinik in Brandenburg a.d. Havel untergebracht, so Sandra M. – dies habe sie erst über die Polizei erfahren. „Vonseiten der Klinik wurde wieder niemand über das Verschwinden, das Aufgreifen oder die Verlegung informiert.“ Die Polizei teilte auf Anfrage mit, gegen das Klinikpersonal werde nicht ermittelt.

Das Bergmann-Klinikum wollte auf PNN-Anfrage zu den Vorwürfen keine detaillierte Stellung nehmen. Zu dem Vorgang könne man sich wegen der ärztlichen Schweigepflicht und zum Schutz der Persönlichkeitsrechte nicht öffentlich äußern, sagte Klinikumssprecherin Maria Uebe: „Selbstverständlich sind wir aber in der Lage, die Korrektheit unserer Behandlung zu belegen“. Dazu könnten sich Patienten und Angehörige jederzeit an das Klinikum wenden. Die Psychiatrie befindet sich am Standort In der Aue, nach eigenen Angaben ermöglicht ein besonderes Modell im Eingangsbereich der Stationen weitgehend geöffnete Türen. jaha/ HK

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