Demonstration in Potsdam: „Ihr macht die Bildung futsch“
UPDATE. Schüler, Eltern und Lehrer von freien Schulen in Brandenburg haben gegen die geplanten Kürzungen im Bildungswesen protestiert. Am Donnerstag startete ein Demonstrationszug mit rund 250 Teilnehmern vom Potsdamer Landtag in die Innenstadt.
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Potsdam - An bundesweiten Aktionen für bessere Lernbedingungen haben sich am gestrigen Donnerstag auf dem Potsdamer Bassinplatz etwa 250 Studenten, Schüler und Auszubildende beteiligt. Bei eisigen Temperaturen heizten sich die jungen Leute mit Musik – „We don't need no education“ –, heißem Tee und kritisch-scharfen Parolen ein. Auf einem Transparent stand: „Ri-Ra-Rutsch, ihr macht die Bildung futsch“, auf einem anderen „Bildung krepiert, weil Dummheit regiert“. Auffällig stark war die Beteiligung von Schülern aus Schulen in freier Trägerschaft, bei denen bekanntlich besonders stark gespart werden soll.
Adressat der Kritik ist die rot-rote Landesregierung, die Millionen-Beträge im Bildungs- und Wissenschaftsbereich einsparen will. Für Steffen Brumme vom AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) der Universität Potsdam stehen die Kürzungspläne im Widerspruch sowohl zu den Wahlprogrammen der beiden Regierungsparteien SPD und Linke, als auch zum rot-roten Koalitionsvertrag. Bereits jetzt stehe Brandenburg bei der Bildungs- und der Wissenschaftsfinanzierung im Bundesdurchschnitt auf den hinteren Rängen. An der Uni Potsdam gebe es sechs Bewerber auf einen Bachelor-Studienplatz – „und der ist dann auch noch schlecht ausgestattet“, sagte Brumme.
Jakob, Schüler einer 13. Klasse des Leibniz-Gymnasiums, rief ins Mikrofon: „Wir sitzen an abgeranzten Stühlen und Tischen und lesen in abgeranzten Büchern.“ Konkrete Beispiele des Schülers: In der Voltaire-Gesamtschule teilten sich 900 Schüler 150 Plätze im Speisesaal; im Einstein-Gymnasium seien bereits einmal Teile der Decke heruntergefallen (PNN berichteten).
Der Student Chris bemängelte, dass Brandenburg nur 6100 Euro pro Jahr und Studierenden aufbringe. In Bayern und Baden-Württemberg seien es 8700 Euro, in Niedersachsen sogar 10 000 Euro. Unverständlich sei, dass Landesfinanzminister Helmuth Markov (Die Linke) von Steuermehreinnahmen in den nächsten beiden Jahren im dreistelligen Millionen-Bereich schwärmt, gleichzeitig aber an der Bildung spare. „Daher sind die Kürzungen nicht hinnehmbar“, erklärte der Student an der Potsdamer Fachhochschule. Ferner kritisierte er die Bachelor-Studiengänge als „ungeliebte Fortsetzung der Schule“, bei der „das Erleben einer akademischen Situation“ nicht mehr möglich sei. Dem Studenten zufolge sei Kommilitonen seitens der Lehrkräfte mit Nachteilen gedroht worden, sollten sie zur Demonstration statt zur Lehrveranstaltung gehen. Die Lehramtsstudentin Susanne erklärte, das „Prinzip des Nürnberger Trichters“ halte sich hartnäckig bei den Bildungsverantwortlichen. „Schule ist keine Frontalbeschallungsinstitution“, bekundete die künftige Lehrerin.
Bisweilen weiteten die Demonstranten ihr Kritik an den Bildungskürzungen zur Kritik am „System“ aus. Die Studentin Julitschka kritisierte nicht nur eine „sexistische und homophobe Gesellschaft“. Sie meinte auch, es könne keine Bildungskritik geben ohne Kritik am Kapitalismus: „Unsere Bildung krankt am Kapitalismus.“ Bildung sei nur noch dazu da, „uns zu Dienern des kapitalistischen Systems auszubilden“. Es gehe nur noch um „Wissensverwertung“, bemängelte Julitschka lautstark und unter Beifall.
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