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LEUTE in Potsdam: Ihr täglicher Job: Stasiunterlagen Traudel Börner: Einsatz gegen das Vergessen

LEUTE in Potsdam Eigentlich wollte sich Traudel Börner nach den Wirren der Deutschen Einheit nur einen neuen Job suchen. Der Künstlerklub, ihr früherer Arbeitgeber, sollte abgewickelt werden.

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LEUTE in Potsdam Eigentlich wollte sich Traudel Börner nach den Wirren der Deutschen Einheit nur einen neuen Job suchen. Der Künstlerklub, ihr früherer Arbeitgeber, sollte abgewickelt werden. 1990 erfuhr sie von der damaligen Beauftragten für Abwicklung der Bezirksbehörde der Staatssicherheit, dass auch in Potsdam eine Außenstelle der Bundesbehörde für Stasiunterlagen eingerichtet wird. Seit 1991 bearbeitet sie dann riesige Berge von Stasi-Akten – damals noch auf dem Windmühlenberg in Golm, seit 1992 in der heutigen Großbeerenstraße. Heute ist sie dort verantwortlich für die politische Bildungsarbeit. Ihr Credo: „Nichts darf vergessen werden. In der Schule sei die DDR kaum noch Thema. So kommen viele Lehrer mit ihren Schülern zu ihr, um etwas über diese Zeit zu lernen. Deshalb habe sie jetzt eine Dokumentation mit Stasi-Akten erstellt – für den Unterricht an brandenburgischen Schulen. Die Erinnerung an das Unrecht wach zu halten, würde sie aber auch das Leid der Stasi-Opfer verpflichten. Ein Freund saß wegen seines Ausreiseantrags mehrere Jahren in Haft. Noch heute leidet er an den Folgen der psychischen Foltermethoden. Deshalb betreut sie ehrenamtlich ehemalige Häftlinge und arbeitet in ihrer Freizeit in der Gedenkstätte des KGB-Gefängnisses in der Leistikowstraße. 1957, mit zwölf Jahren zog Traudel Börner aus dem Vogtland mit den Eltern hierher. Nach der Schule 1961 wurde erst einmal Buchhändlerin. Doch bald wechselte sie zum damaligen Kulturhaus „Hans Marchwitza im „Alten Rathaus, um dort Veranstaltungen zu organisieren. Die Reihe „Aktuelles Potsdamer Filmgespräch hat sie ins Leben gerufen. Während des Studiums zum Klubleiter in den 70er Jahren lernte sie ihren damaligen Mann kennen, bekam 1973 ihren ersten Sohn – im Jahr der Weltfestspiele, die sie mit organisierte. 1985 als sich mit Michail Gorbatschow bereits politisches Tauwetter ankündigt, äußert sie öffentlich im Kollegenkreis ihre Sympathie zu der „Schwerter zu Pflugscharen–Bewegung. Das brachte ihr derartige Schwierigkeiten ein, dass sie nach kurzer Arbeitslosigkeit zwei Jahre lang Schallplatten in Babelsberg verkaufte. Durch die Unterstützung Ilse Johns vom Künstlerclub „Eduard Claudius konnte sie dort wieder das tun, was sie am besten kann: Veranstaltungen organisieren. Im November 1989 ging sie mit dem Neuen Forum auf die Straße, wollte die DDR gemeinsam mit vielen anderen vom Kopf auf die Füße stellen. Seit 1995 ist sie nun Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und war auch einige Jahre im Kreisvorstand aktiv. In ihrer heutigen Dienststelle hat sie eine Ausstellung eingerichtet – darin ein Blick auf ein spezielles Modell von Potsdam im Jahr 1989: eingesponnen in ein dichtes Netz konspirativer Stasi-Wohnungen. W. Gutzeit

W. Gutzeit

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