MEIN WENDEHerbst: Im Arbeitsamt
JAHREMAUERFALLDer Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9.
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JAHRE
MAUERFALL
Der Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9. November fällt die Mauer. An dieser Stelle erinnern sich in den Potsdamer Neuesten Nachrichten täglich Menschen in Potsdam an ihre Erlebnisse in dieser Zeit. Heute: Kirsten Mantho. Die 43-Jährige wohnt seit 2002 in Potsdam und ist bei der Agentur für Arbeit für Hochschulberatung zuständig. Ursprünglich stammt sie aus Schleswig-Holstein.
Dass die zweite Jahreshälfte 1989 keinen gewöhnlichen Herbst bringen würde, merkte Kirsten Mantho bereits im Sommer. Damals arbeitete sie in Kaltenkirchen bei Hamburg als Vermittlerin im Arbeitsamt – und hatte ab Juni mit immer mehr Bürgern aus der damaligen DDR zu tun, die über Ungarn geflohen waren. „Diese Menschen mussten sich zunächst einmal arbeitslos melden.“ Frau Mantho ging mit den Neu-Ankömmlingen deren Arbeitsleben durch, überlegte mit ihnen, welche Jobs infrage kommen könnten. Nicht immer sei dies einfach gewesen, sagt die Angestellte, gerade bei Flüchtlingen, die sich spontan gegen ihre bisherige Heimat entschieden hatten und keine Arbeitsnachweise besaßen. Besonders im August und im September habe sie so mit etlichen Ostdeutschen – stets zu erkennen an der „anderen“ Kleidung und ihren Frisuren – zu tun gehabt, erinnert sich Kirsten Mantho.
Obwohl die damals 23-Jährige so die ersten Auswirkungen der historischen Ereignisse direkt miterlebte, war sie dennoch „sehr überrascht“, als sie vom Fall der Berliner Mauer hörte. Es war am 10. November, mit ihrer allmorgendlichen Fahrgemeinschaft war sie auf dem Weg zur Arbeit und hörte im Radio die Nachricht von der Grenzöffnung am Abend zuvor. „Wir hatten plötzlich alle Tränen in den Augen, obwohl keine von uns einen Bezug zur DDR hatte.“ Noch heute kann sie sich an dieses Gefühl erinnern, als die scheinbare Gewissheit, dass die Grenzen zwischen den beiden Deutschlands ewig stehen würden, auf einmal bröckelte. Einen Monat später war Kirsten Mantho erneut überrascht – beim Weihnachtsmarkt in Lübeck, den sie wie jedes Jahr besuchte: „Da waren unglaublich viele Leute aus Mecklenburg zu Besuch. Es waren solche Massen, die durch die Stadt strömten, dass man kaum vorwärts kam.“ HK
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