MEINE Woche: Im Jugendbüro
Es ist als würde ich ein Doppelleben führen – nur eben ganz offiziell. Jeden Dienstagmorgen um Punkt 7.
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Es ist als würde ich ein Doppelleben führen – nur eben ganz offiziell. Jeden Dienstagmorgen um Punkt 7.06 Uhr verlasse ich die Lausitz um dann fast ebenso pünktlich zweieinhalb Stunden später (je nach Laune der Deutschen Bahn) für drei bis vier Tage zur Potsdamerin zu werden. Jedoch nicht, weil ich mal eben montags Abend beschließe meine Identität zu wechseln, sondern weil ich mein erstes Praxissemester im Sozialpädagogik-Studium in Potsdam machen wollte. Mal raus aus der Lausitz – mal hinein ins Getümmel der Landeshauptstadt. Und natürlich liegt es nahe, dann auch eine Praxisstelle zu wählen, die es so in meiner Heimatstadt nicht gibt.
Gesucht – und das Kinder- und Jugendbüro gefunden! Beteiligung von Kindern und Jugendlichen – institutionalisiert. Perfekt. Gibt es in meiner Stadt nicht. Nicht so. Und nicht mit einem Netzwerk, das auch funktioniert. Seit April bin ich beispielsweise an der Planung von Spielplätzen mit Kindern beteiligt und war auch beim dritten Kinderforum dabei, das am 12. Juni stattfand. In einem großen Zirkuszelt haben die kleinen Potsdamer Mitgliedern von Politik und Verwaltung Fragen rund um ihre Stadt, ihre Schule, Sportplätze und sogar zur Armut in der Dritten Welt gestellt.
Ganz euphorisch kam ich dann Freitag – wie jede Woche – aus Potsdam zurück und stelle wieder einmal fest, dass das Leben dort wirklich ein anderes ist. Um mal ein kleines Beispiel direkt von dieser Woche zu nennen: Montag, vier Tage nach dem Kinderforum, stehe ich geballter Kompetenz in Form einer Mitarbeiterin an der Info gegenüber und erkundige mich nach Projekten der Kinder- und Jugendbeteiligung. Und hier die ... ich nenne es mal ... Antwort: „Wat? Wie Beteiligung? Wie meinse denn dat jetz? Wartense ma.“ Kreativpäuschen beim Nummer wählen am Telefon] „Du Angelika, da is wer, wo was mit Beteiligung ... hä? Ja, weeß ich doch och nich.“ Und dann wieder zu mir: „Kommse ma Dienstach wieda.“ Dienstag bin ich nicht da. Da bin ich Potsdamerin. Und Mittwoch überlege ich dann, ob ich mir Donnerstag mal keine Fahrkarte nach Hause kaufe.
Nadine Panneitz ist 22 Jahre alt und absolviert derzeit ein Praktikum im Potsdamer Kinder- und Jugendbüro mit Sitz in der Schulstraße 9.
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