
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Im Land der Zwerge
350 Potsdamer Kita-Kinder bei der „Bummi-Olympiade“ am Luftschiffhafen
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Potsdam West - Und das soll Sport sein? Skepsis steht den Kindern der Kita „Friedenshaus“ ins Gesicht geschrieben, als sie am Rand des rosa-blauen Mattenquadrats sitzen und zuhören, was Judoka Andreas Hirsch vom Universitäts Judo- und Kampfsportclub Potsdam (UJKC) ihnen da erklärt. Man darf den Gegner an der Jacke ziehen und soll ihn sogar auf den Boden werfen und dort festhalten, treten und schreien aber ist verboten. „Wir haben extra feste Sachen an, probiert mal“, ermuntert Andreas Hirsch. Zögerlich greifen die Kinder nach dem Kragen seiner blauen Jacke. Die Augen werden auch nicht kleiner, als Hirsch mit René Schendel, dessen Zwillingsbruder Mario noch in der vergangenen Woche bei der Judo-WM in Rotterdam für Deutschland angetreten ist, vorführt, wie das mit dem „auf den Boden werfen“ praktisch funktioniert. Erst als die Kinder das dann selbst probieren können und sich die Männer scheinbar mühelos von ihnen umlegen lassen, löst sich die Stimmung und man glaubt sich plötzlich im Kinderbuchklassiker „Gullivers Reisen“, wo der Held im Land der Zwerge von Liliputanern in Schach gehalten wird.
Insgesamt fast 350 Kinder aus 15 Potsdamer Kitas kamen gestern Vormittag zur Bummi-Olympiade ins Stadion am Luftschiffhafen, wie Organisator Uwe Tefs von der Stadtsportjugend sagte. Es war bereits die fünfte Auflage des Sportwettbewerbs für die Kleinsten, den die Stadtsportjugend mit Unterstützung der Fachschule für Sozialwesen, der Stadt und der Brandenburgischen Stadtsportjugend durchführt.
Auch wenn es am Ende Medaillen für alle gibt, geht es nicht um Rekorde, betont Tefs: An 16 Stationen konnten die Kinder stattdessen Sportarten wie Hockey, Fußball, Gardetanz, Trampolin oder eben Judo ausprobieren. Auch die Verkehrswacht war mit einem Rollerparcours vertreten. „Es ist ein Einstiegsangebot für Kitas“, sagte Uwe Tefs. Für die Vereine ist das auch Nachwuchsarbeit.
Bewegungsmangel bei Kindern sei weit verbreitet, beklagte auch Potsdams Jugendamtsleiter Norbert Schweers. Bei den Schuleingangsuntersuchungen werde etwa festgestellt, dass viele Kinder „nicht mal mehr rückwärts gehen können“. Umso mehr begrüßt er die Pläne der Brandenburgischen Sportjugend, nach der bewegungsorientierten Kita „Storchennest“ in Golm und dem Hort am Schulplatz drei weitere Bewegungs-Kitas in Potsdam zu eröffnen (PNN berichteten).
Allein auf die Nachricht der baldigen Eröffnung hin habe es bereits 120 Anmeldungen gegeben, sagte Robert Busch, Jugendsekretär beim Landessportbund. Insgesamt sollen bis 2010 an drei Standorten in der Nansenstraße, in der Puschkinallee und bei den Winzerbergterrassen Plätze für 400 Kinder entstehen.
Busch erhofft sich davon auch ein Umdenken in anderen Kitas. Denn oft wären Bewegungsangebote auf eine oder zwei Stunden Sport pro Woche beschränkt. An der Bewegungskita dagegen gebe es laufend Aktionen wie etwa eine ganze „Rückwärts-Woche“ oder einen „Linke-Hand-Tag“. Aber auch klassische Sportangebote seien vertreten: Judoka Andreas Hirsch zum Beispiel bietet für die Vier- bis Sechsjährigen einen Kurs im „Ringen und Raufen“ an. Jana Haase
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