
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Im Mikroklima Wald
Die Waldschule im Wildpark gibt es jetzt 20 Jahre. Schüler können dort Natur erleben, wo einst königlich gejagt wurde
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Noch bevor die ersten Kindergruppen in Sicht kommen, rennt eine Maus flink fünf Meter vor dem Auto über den Weg. Ein gutes Zeichen. Hier muss es zur Waldschule gehen.
Zum 20-jährigen Bestehen der Waldschule im Wildpark in der Pirschheide finden an diesem Mittwochvormittag die Waldjugendspiele mit 100 Grundschülern statt. 17 Stationen gilt es zu finden und abzuarbeiten, Waldschulleiter Georg Schmitt und Hubertus Krüger, Leiter der Oberförsterei Wildpark, haben zusätzliche Unterstützung angefordert, Waldarbeiter, freiwillige Helfer. Die Kindergruppen verteilen sich im weitläufigen Areal – immerhin umfasst der gesamte Wildpark, in dem sich einst seine königliche Hoheit bei der Jagd vergnügte, 870 Hektar – und lernen Baumarten kennen, Käfer, Insekten, aber auch die Geräte der Waldarbeiter. Sie stapeln Baumstämme, lösen ein Holzpuzzle und erfühlen Dinge mit verbundenen Augen.
Zwischendurch wird gelaufen, drei Kilometer durch das Mikroklima Wald, entlang Lennéscher Alleen, die das große Nachkriegs-Abholzen überlebt haben, wie Krüger erklärt. Der Rest des Waldes ist meist kaum älter als 65 Jahre.
In die ehemalige Wildförsterei zogen nach dem Krieg vier Familien, von denen drei nach der Wende das Haus verließen. So stellte sich die Frage nach der neuen Nutzung des Hauses und 1992 eröffnete die Wildmeisterei in dem Persius-Bau die Waldschule. „In der Anfangszeit noch unter erschwerten Bedingungen, so hatten wir in dem stark sanierungsbedürftigen Gebäude insgesamt nur zwei Toiletten“, erinnert sich Krüger. Seit der denkmalgerechten Grundsanierung vor sieben Jahren gibt es nun keinen Grund zur Klage. Das Haus wurde zwar weitgehend in seinen Originalzustand zurückversetzt, allerdings wurden ein größerer Seminarraum sowie ein moderner Sanitärtrakt eingebaut. Auf dem Außengelände entstand die große Werkstatt, gleich nebenan kann an Teich, Insektenhotel und Wetterstation geforscht werden. Die Waldschule versteht sich mit ihren Angeboten als Ergänzung zur Waldschule auf dem Ravensberg, die überwiegend mit Kitagruppen und Hortkindern arbeitet. „Wir sind für professionelles wissenschaftliches Arbeiten bis zur zwölften Klasse ausgestattet“, sagt Krüger. Es gibt Mikroskope, Luxmeter, Messgeräte jeder Art. Nur keine Computer. Die sollen die Kinder am besten zu Hause lassen, findet Krüger. Wer in die Waldschule kommt, arbeitet ohnehin zu 80 Prozent im Freien. Mehr als 3000 Schüler kommen pro Jahr in die Waldschule, im Grunde ist sie ausgebucht. Auch für Erwachsene können Angebote erstellt werden, eine Firmenfeier mit Waldralley ist durchaus denkbar, sagt Krüger. Der Förster ärgert sich schon lange über die Entfremdung der Stadtmenschen von der Natur – und eine „zunehmende Sensibilisierung gegenüber der Motorsäge“. Die Menschen regen sich vorschnell über Baumfällarbeiten auf, findet er, dabei sei das oft ein natürlicher Vorgang im Rahmen von Pflegemaßnahmen oder Holzproduktion. „Um so wichtiger ist es, dass schon die Kinder zu uns kommen und sich mit dem Wald vertraut machen.“
Die Viertklässler der Bürgel-, Eisenhart-, Waldstadt- und Foerster-Grundschule sind nach drei Stunden „Waldspaziergang“ geschafft. Jetzt gibt es hinterm Haus Bratwurst – und für den Spiele-König den Pokal, einen geschnitzten Eichelhäher, das Wappentier der Försterei.
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