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Landeshauptstadt: Im U-Boot durch den Helenesee
Frankfurter Firma baut U-Boot für Urlauber / In Brandenburgs einziger U-Boot-Werft entsteht erstmals ein Dreisitzer
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Frankfurt (Oder) - Im U-Boot „Nemo 100“ soll künftig eine Person mehr Platz finden. Das von der Frankfurter Firma Nemo-Tauchtouristik konstruierte und nach deren Angaben erste deutsche U-Boot für zivile Zwecke wird derzeit vom Zwei- zum Dreisitzer weiterentwickelt. Gegenwärtig entstehen in der einzigen U-Boot-Werft Brandenburgs zwei Konstruktionen aus Kesselstahl, die mit knapp vier Metern Länge und einem Gewicht von jeweils 2,5 Tonnen deutlich größer und schwerer sind als der orangefarbene Prototyp von „Nemo 100“, der dem Piloten und nur einem Fahrgast Platz bot.
„Wir bauen im Auftrag eines Kunden sozusagen komplett neu“, erzählt Jürgen Herrmann, einer der Firmengründer. Der Auftraggeber wolle die Frankfurter U-Boote in Touristenzentren auf den Malediven einsetzen. „Unter den Urlaubern sind viele Pärchen, die gemeinsam abtauchen wollen. Ein Platz wird für den U-Boot-Kapitän gebraucht, deswegen bauen wir nun den Dreisitzer“, erläutert der einstige Fernsehjournalist und heutige Nemo-Geschäftsführer. Durch den zusätzlichen Sitz, die damit längere Konstruktion und die „ganz andere Druckverteilung“ im Inneren des U-Boots habe man alles neu berechnen müssen, ergänzt sein Firmenpartner Thomas Breinig.
Mitte Mai soll die neue Nemo-Generation fertig sein. Dann folgen laut Breinig die ersten Unterwassertests. „Aufgrund der Länge werden die Dreisitzer wahrscheinlich schneller unterwegs sein“, sagt der frühere Kameramann, der die neuen U-Boote im Frankfurter Helenesee ausprobieren wird.
Der Nemo-Mitbegründer Herrmann hat eine Vision. „Weltweit sollen Interessierte die bezahlbare Möglichkeit bekommen, abzutauchen, ohne nass zu werden. Wir suchen uns vor Ort Lizenz-Partner für U-Boot-Verleih-Stationen“, lautet sein Credo. Doch der Weg zum Erfolg ist schwierig und braucht Zeit, wie Breinig und Herrmann inzwischen erfahren haben. Noch immer gibt es vom Nemo-Zweisitzer nur zwei Stück, beide gehören der Frankfurter Firma. Eines der U-Boote liegt am Helenesee, das andere wird derzeit im Indischen Ozean unter Seewasserbedingungen getestet.
Verkauft hat das siebenköpfige Unternehmen noch keines seiner jeweils 320 000 Euro teuren U-Boote. „Es gibt zwar massenhaft Interessenten aus Spanien, Russland oder den USA, aber ins Geschäft kamen wir mit denen noch nicht“, konstatiert Herrmann.
Sich so ein U-Boot anzuschaffen, sei für Unternehmer in der Tourismusbranche schon ein wirtschaftliches Risiko, zumal es noch keine Erfahrungswerte gebe, inwieweit sich damit wirklich Geld verdienen lasse, ergänzt Breinig. Um so mehr hoffen die beiden Chefs von Nemo Tauchtouristik nun auf die Malediven, wo ihr Kunde die beiden neuen Nemo-Dreisitzer ab dem Herbst einsetzen will. „Die Frankfurter Firma hat Potenzial und gute Chancen für einen Markteinstieg im internationalen Tourismussektor“, bestätigt die Leiterin für Internationales bei der Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg, Sabine Anders. Mit den „Zweiern“ wollen Breinig und Herrmann in diesem Jahr deutschlandweit und in der Schweiz auf Werbe-Tour gehen. Denn auch Privatkunden möchte das Unternehmen gewinnen. „Es gibt durchaus Millionäre, die sich ein U-Boot auf ihrer Jacht mitnehmen, um dann dort abzutauchen, wo es ihnen gerade passt“, sagt Herrmann, nach dessen Angaben die Firma gerade mit einem ukrainischen Jachten-Makler verhandelt. Bereits konkreter Vertriebspartner ist die Berliner Spree-Marine-GmbH, ebenfalls Anbieter von Jachten. Ende April veranstalten die Hauptstädter ihre Hausmesse, auf der sich Nemo Tauchtouristik potenziellen Kunden vorstellen wird. „Die richtigen Leute haben uns bisher nur noch nicht gefunden“, gibt sich Breinig optimistisch. Seinen Vorstellungen nach könnten die Nemo-Boote auch in der Industrie Verwendung finden, beispielsweise, um Unterwasser-Inspektionen an Windkraftanlagen oder Pipelines im Meer durchzuführen.
Auf weltweit große Resonanz ist die Frankfurter Firma bereits mit ihren Acrylglaskuppeln gestoßen. In den U-Booten dienen sie Kapitän und Fahrzeuginsassen als Ausguck. Bisher wurden gewölbte Scheiben gegossen, sehr zeitaufwendig und teuer. Die Mitarbeiter von Nemo Tauchtouristik hingegen erfanden ein Verfahren zum Umformen des Acrylglases. „Wir entwickeln dafür derzeit eine zertifizierbare Technologie, schaffen also das nötige Know-how“, sagt Herrmann.
Bernd Kluge
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