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Stadtentwicklung. Der Streit um die Entwicklung des Kasernengeländes Krampnitz geht weiter: Ingolf Böx (u.l.) und der für den Investor TG Potsdam Projektentwicklungsgesellschaft tätige Unternehmer Rolf Haferkamp haben einen Masterplan, doch das Land will den Kauf rückabwickeln.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dapd

Landeshauptstadt: Im Zangenangriff

Die Krampnitz-Käufer drohen Land und Stadt mit langjährigen Prozessen – dort herrscht Gelassenheit

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Krampnitz - In der Immobilienaffäre um die Krampnitz-Kasernen in Potsdam spitzt sich der Streit zwischen Finanzminister Helmuth Markov (Linke), Potsdams Rathaus und den Käufern zu. Der Unternehmner Rolf Haferkamp und der Hannoveraner Anwalt Ingolf Böx, die mit ihrer Projektentwicklungsgesellschaft TG Potsdam das 112 Hektar große Gelände 2007 für 5,1 Millionen Euro vom Land laut Gutachten von Staatsanwaltschaft und Landesrechnungshof unter Wert gekauft hatten, wollen gerichtlich gegen das Ministerium vorgehen. Das will – wie vergangene Woche angekündigt – den Verkauf rückgängig machen. Nachdem es eine Frist für eine einvernehmliche Lösung bis 15. September gesetzt hatte, kam am Montag die Absage von Böx und Haferkamp. Sie kündigten eine Feststellungsklage an, dass das Land kein Recht habe, das Objekt zurückzuverlangen.

Durch alle Instanzen könnte sich das Verfahren bis zu acht Jahren hinziehen, sagte Böx. Damit wären Potsdams Pläne in Gefahr, angesichts rasant steigender Einwohnerzahlen die dringend benötigte Reserve für den angespannten Wohnungsmarkt zügig zu entwickeln. Es geht um Wohnraum für 4000 Menschen. „Wir haben einen rechtskräftigen Vertrag und erfüllen ihn“, sagte Haferkamp. „Ich kann nichts dafür, wenn das Grundstück zu gering verkauft wurde.“

Die Geschäftsmänner hatten am Montag in den noblen Potdamer „Industrieclub“ zur „Klar- und Richtigstellung“ geladen – einen Tag vor der nächsten Sitzung des Untersuchungsausschusses des Landtags. Statt des angekündigten Einblicks in „rechtsgültig geschlossene Verträge“ las Böx aus dem lange bekannten Kaufvertrag mit dem Land vor. Demnach sei der Rückkauf frühestens ab 2023 möglich, wenn der Käufer seine Investitionszusagen nicht erfülle oder vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkomme.

Die TG kündigte auch eine Untätigkeitsklage gegen die Stadt Potsdam an, da diese den städtbaulichen Vertrag im Juli für unwirksam erklärt hatte. Trotz des vorgelegten Masterplans blockiere das Rathaus das 150-Millionen-Projekt. Bei einem starken Partner – die Rentenvorsorge OHG hat Erfahrungen mit Wohnungsbau-Projekten in alten Kasernen – soll der Vertrieb für 50 Offiziershäuser bereits begonnen haben, ab Herbst sollte gebaut werden. „In Potsdam gehen die Uhren anders“, sagte Böx.

Die beiden Geschäftsmänenr drohten überdies mit einer Schadenersatzklage auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Die TG Potsdam habe 1,5 Millionen Euro in Planungen investiert. Böx betonte: „Uns ist erheblicher Schaden entstanden. Wir könnten längst bauen.“ Als Meistbietender habe die Firma die Kaserne gekauft und eine Teilsumme vorfristig an das Land gezahlt. Der Rest werde zum Jahresende fällig. Das Verhalten von Stadt und Land sei nicht akzeptabel, Gesprächsangebote würden konsequent abgelehnt. „Ich bin keine Heuschrecke“, sagte Haferkampf zu Vorwürfen des Potsdamer Baubeigeordneten Matthias Klipp (Grüne). Dieser hatte Ende August gesagt, „dass die notwendige Seriosität für eine zielgerichtete gemeinsame Entwicklung des Standortes nicht gegeben ist – ungeachtet aller Fragen der wirtschaftlichen Bonität und der rechtlichen Verlässlichkeit“. Böx sagte jetzt, die TG Potsdam sehe sich einem „Zangenangriff“ der „Potsdam-Connection“ ausgesetzt, die aus Vertretern des Rathauses, des Ministeriums und der wegen fehlender Gelder aus dem Projekt ausgestiegenen Maruhn-Gruppe bestehe und Krampnitz selbst entwickeln wolle. Eine Anspielung auf die städtische Polo GmbH, die parallel zur TG Potsdam vorbereitende Untersuchungen für die städtebauliche Entwicklung durchführt – ein Auftrag der Bauverwaltung von 225 000 Euro ohne Ausschreibung.

Das Finanzministerium zeigte sich demonstrativ gelassen. Die TG Potsdam habe die Grundstücke nicht dem Vertragszweck nach verwendet und Vereinbarungen verletzt – indem sie das Gelände ohne Einwilligung weiterverkaufen wollte. Auch habe die Firma erklärt, dass es für den einst vereinbarten „Country Club“ weder Bedarf noch Finanzierung noch einen Betreiber gebe.

2007 war das Areal an die TG unter Wert verkauft worden. Verkäufer für das Land war die Brandenburgische Boden Gesellschaft (BBG). Gegen deren Chef Frank Marczinek ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Untreueverdachts zum Schaden des Landes. Der Untersuchungsausschuss befasst sich heute mit der dänischen Thylander-Gruppe, die hinter dem Projekt stand, 2008 als finanzkräftiger Partner aber absprang, was Böx und Haferkamp auf die damalige Wirtschaftskrise schieben.

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