Serie: Feine Sache in Potsdam: Im Zuckerland
Die „Süßen Schwestern“ sind Expertinnen für leckere Torten – und die hohe Kunst des Dekorierens.
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Der Inhalt im Glas sieht aus wie ein Bodenprofil im Heimatmuseum. Nur dass die Horizonte hier aus braunem und weißem Zucker, aus Sedimenten von Trockenfrüchten oder Schokokrümeln bestehen. Und so sieht der Kuchen aus Flaschen, für Hobbybäcker, die es eilig haben, schon vor dem Backen irgendwie schön aus. „Ein witziges Trendprodukt“, sagt Evelyne Schüler. Sie ist eine der zwei „Süßen Schwestern“ in der Dortustraße, wo es Backzubehör für alle Schwierigkeitsgrade, Ansprüche und Back-Projekte gibt. Und wo man gleich sehen kann, wie das geht – backen und dekorieren, bis der Arzt kommt. Denn für Evelyne Schüler und Manuela Busler-Tittmann, stets im Partnerlook mit bunten Schürzen, gibt es nichts, was nicht machbar wäre. Kein Motto, keine Idee, die man nicht in süße Torten, Plätzchen, Donuts oder Pralinen verwandelt könnte.
Vor nicht ganz einem Jahr eröffneten die beiden Frauen, die tatsächlich Schwestern und sich in vielem sehr ähnlich sind, das Geschäft in der Innenstadt. Nach einer Burnoutphase in ihren alten Berufsfeldern entschieden sie sich mit Anfang und Mitte 50, gemeinsam etwas Neues zu beginnen – in der Krise eine Chance zu sehen. Und machten ihr Hobby zum Beruf. „Ich habe schon immer gebacken, die ganze Familie versorgt“, sagt Evelyne Schüler. Von ihr kommt die praktische Expertise, während ihre Schwester überwiegend die kaufmännischen Aufgaben übernimmt.
Noch wirft der Laden nicht viel für die beiden Inhaberinnen ab, der Winter war weniger gut, vor allem während der Weihnachtsmarkt aufgebaut war, fanden nur wenige zu ihnen in die Nebenstraße. Noch werden sie von ihren Familien unterstützt. Aber das wird schon, sagen sie zuversichtlich. Sie haben bereits Stammkunden, die neben dem sehr umfangreichen und kleinteiligem Sortiment vor allem die lockere Atmosphäre des Ladens schätzen. Wie in einer großen Wohnküche, erfüllt von heimeligem Backstubenduft, sitzt man hier am Kaffeetisch, bei Cappuccino und Käsekuchen, und kann, wenn man denn will, den Schwestern sein Herz ausschütten, quatschen und dabei zuschauen, wie hinter dem Tresen gebacken wird.
Oder gleich einen Kurs buchen und selbst mitmachen. Bis zu sechs Teilnehmern zeigt Evelyne Schüler in einem Kurs, wie man mit Fondant – Zuckermodeliermasse – eine Geburtstagstorte verziert oder aus Zitronenkuchen und Frischkäse lustige Cake-Pops herstellt. Die witzigen, bunt glasierten Kuchen-Minis, aufgespießt auf Bambusstäbchen, gehen gut, sagt die Bäckerin. Ihr Geheimtipp: Nach dem Formen kurz einfrieren, bevor sie in die Glasur getaucht werden. „Dann hält alles besser“, sagt sie. Demnächst kommt eine Gruppe von 13-jährigen Jungs, die hier Geburtstag feiern – beim Backen. „Zuerst bekommen alle Schürzen und werden Händewaschen geschickt. Und Finger ablecken, das geht natürlich nicht“, sagt Evelyne Schüler.
Die meisten ihrer Kunden backen freilich zu Hause. Und suchen hier Zubehör, was es anderswo nicht gibt, besondere Zutaten, Beratung und Hilfe. Backen ist gar so schwer nicht, sagt Evelyn Schüler. Im Regal steht deshalb die Backbuchreihe „Jeder kann...“. Aber auch für komplizierte oder ausgefallene Projekte gibt es hier entsprechendes Werkzeug. Allerlei Backformen, aus stabilem Silikon („Nicht die ganz dünnen wabbeligen!“) oder aus herkömmlichem Blech, winzig oder groß, traditionelle Formen wie für Gugelhupf oder Bärentatzen, Neues wie Donuts und Muffins, Förmchen für Autos, Fußbälle, Osterhasen. Hier kaufen Eltern, was man für eine Kindergeburtstagstorte braucht, Töchter und Söhne, um ihre Eltern mit etwas Besonderem zu überraschen. Rechtzeitig zum Valentinstag sind Blumenbuketts eingetroffen – kleine kunstvolle Sträuße aus zarten Zuckerblüten. Zum Essen viel zu schade. Ein junger Mann greift hier entschlossen zu. Und bekommt zusätzlich zu der Zuckerware gut gemeinte Beratung in Sachen Beziehung. „Also wenn Ihre Freundin das nicht zu schätzen weiß, dann verdient sie Sie nicht“, sagt Evelyne Schüler.
Ganz neu ist ihr Drucker, mit dem sie Fotos und Bilder auf Esspapier oder Fondant drucken können – für eine ultimative personalisierte Torte. Anlässe für solche süßen Sachen gibt es viele, Ostern, Advent, Einschulung, Firmenjubiläum, Geburtstag, Hochzeit, Taufe. Riesig ist die Materialauswahl, mit der Hobbybäcker hier im Laden konfrontiert werden. Neben Backformen gibt es Ausstecher, einfach oder mit 3-D-Effekt, oder traditionelle Holzmodelle, sogenannte Springerle. Nudelhölzer und Messbecher, Spatel und Pinsel, Teigrädchen, Spritzbeutel. Gefühlt Hunderte Sorten von Zuckerstreuseln und Perlen, Lebensmittelfarben, essbare Veilchenblüten, Pralinenförmchen, Gabeln, Skalpelle, Abkühlroste, Kerzen und Karten. Zur angemessenen Präsentation dienen Tortenteller und Etageren, Blechdosen und bunte Pappkartons, damit man sein Geschenk von Anfang an richtig in Szene setzen kann und nach der Firmenfeier keiner Kuchenform hinterherrennen muss.
Wer sich das Backen nicht zutraut oder wenig Zeit hat, kann hier Torten bestellen, muss aber mit mindestens 50 Euro rechnen. Aber mit etwas Übung, sagen die Bäckerinnen, schafft es fast jeder, kleine Wunderwerke zu backen und basteln. Der Beweis ist auf der Facebookseite des Ladens zu bewundern – die Kunden zeigen dort Bilder ihrer gelungenen Kuchen.
Dortustraße 8, Tel. (0331)23533961
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