Links und rechts der Langen Brücke: Immer im Blickpunkt
Michael Erbach stellt klar, dass das Projekt Garnisonkirche auch künftig Brennpunkt gesellschaftlicher Auseinandersetzung bleiben wird
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Das Projekt Garnisonkirche geht zügig voran – auch wenn von der Barockkirche bislang nur ein Torbogen steht. Doch das, wofür der Kirchenbau einmal stehen soll, nämlich für internationale Versöhnungsarbeit, wird bereits in die Tat umgesetzt. Am Donnerstagabend wurde die Versöhnungskapelle der Garnisonkirche eingeweiht – ein klares Zeichen dafür, dass die evangelische Kirche Potsdam unbeirrbar daran festhält, dem geschichtsträchtigen Kirchenbau eine neue Symbolik zu geben. Gelingt dies, und sehr vieles spricht dafür, könnte auch Wiedergutmachung betrieben werden für den Missbrauch dieser Kirche. Gleich zweimal fand dieser Missbrauch statt: Am 21. März 1933 trafen der nationalsozialistische Reichskanzler Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg kurz vor Eröffnung des Reichstages in der Kirche zusammen und reichten sich die Hände. Das Treffen ging als „Tag von Potsdam“ in die Geschichtsbücher ein. 1968 dann wurde die Kriegsruine auf Befehl der SED gesprengt. Den Mächtigen in der DDR galt die Kirche als Symbol des preußischen Militarismus – daher musste es weg. Nun soll die Garnisonkirche bis zum Jahr 2017 als Stadt- und Symbolkirche sowie als Internationales Versöhnungszentrum wiederentstehen. Wie ernst die Potsdamer Kirchenleute diesen selbst gestellten Auftrag nehmen zeigt die Tatsache, dass sie die Spenden-Millionen der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel ausschlugen. Vereinschef Max Klaar hatte die Übergabe der Gelder an Bedingungen geknüpft, die dem Nutzungskonzept der Kirche widersprachen. Man kann sicher sein: Der Kirchenbau und das Nutzungskonzept werden nicht zulassen, dass die neue Garnisonkirche zu einem Wallfahrtsort für Militaristen, Nationalisten oder gar Rechtsextremisten wird. Wo Flüchtlinge betreut, Schwulenehen geschlossen werden können oder der interkulturelle Dialog gefördert wird, werden sich diese Kreise nicht gerne sehen lassen. Es wird dennoch dabei bleiben: Der Wiederaufbau der Garnisonkirche ist und bleibt umstritten. Das vorhandene Misstrauen kann nur durch aktive Versöhnungsarbeit abgebaut werden – vielleicht auch durch Angebote zur Einbindung gerade jener linken Gruppen, die die Kirche zu ihrem Feindbild erklärt haben. Der Versuch junger Linker, am Donnerstag mit einem Lautsprecherwagen nur wenige Meter neben dem Ort der Kapellenweihe eine eigene Gedenkveranstaltung zum 9. November abzuhalten, darf getrost als Provokation gewertet werden. Die Polizei verwies die Demonstranten schließlich auf die andere Straßenseite und ließ ein Megaphon zu – doch selbst dieses war noch während des Gottesdienstes zu vernehmen. Mit derlei Gegenwind wird die Kirche sicher umgehen können – Steinwürfe gegen den Kapellenraum sollten jedoch nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Und schon gar nicht die Tatsache, dass am Donnerstag erstmals erkennbar Vertreter rechtskonservativer Kreise anwesend waren. Auf den Bericht des Journalisten der „Jungen Freiheit“ darf man gespannt sein. Die Garnisonkirche ist und bleibt im Blickpunkt gesellschaftlicher Auseinandersetzung. Genau deswegen muss sie gebaut werden.
Michael Erbach
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