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Links und rechts der Langen Brücke: Immer noch fehlt der Mut

Sabine Schicketanz über das Dauer-Desaster um den Schloss-Landtag

Stand:

Wir machen Unmögliches möglich. Ein passender Slogan. Wer schafft es schon, den Grundstein für einen Landtag zu legen und dabei den Souverän hinter meterhohen Zäunen außen vor zu lassen? In Potsdam ist das, wie erlebt, kein Problem. Und, weitaus frappierender, es handelt sich beim Grundstein-Fiasko nicht um einen Patzer, ein Versehen, das sich eben mal schnell mit einem nachgeholten „Tag der offenen Baustelle“ heilen lässt. Der Festakt hinter Zäunen macht (einmal mehr) offenbar, mit welchem Bewusstsein Verwaltungen und Politiker agieren. Niemand kann ernsthaft behaupten, vom Interesse überrascht worden zu sein – nach zwanzig Jahren Diskurs, nach Bürger-Engagement, das Unternehmer Hasso Plattner dazu brachte, 20 Millionen Euro seines Privatvermögens in die Schloss-Fassade zu stecken. Niemand kann ernsthaft behaupten, es habe keine Möglichkeit gegeben, es anders zu machen: Die Bühne samt Symbol-Grundstein ein paar Meter verschoben, damit der Festakt außerhalb der hölzernen Bauzäune stattfindet, das hätte längst gereicht.

Das wahre Problem aber sind nicht Gedankenlosigkeit, mangelnde Sensibilität. Es fehlt immer noch der Mut, das Parlament im Schloss-Bilderrahmen mit einer glaubwürdigen, standfesten Position zu zementieren. Obgleich es die demokratische Legitimation durch Landtags- und Stadtparlamentsbeschlüsse gibt. Die zahlreichen Politiker-Beteuerungen, kein Schloss zu bauen, nur um es später doch zu tun, die Bürgerbefragungs-Farce des Potsdamer Oberbürgermeisters, der es nicht anders verstand, die Gegenwehr der Linken auszuschalten, jetzt die Grundsteinlegung, die so nur möglich war, weil der Landtagsneubau – derzeit der einzige bundesweit, in seiner Bedeutung für Potsdam gleichauf mit der Wirkung des Wiederaufbaus in Dresden – selbst von Verantwortlichen in Zwischentönen zum „normalen“ Neubau abgewertet wird: Mit so viel Scheinheiligkeit kann das Landtagsschloss natürlich nicht getragen werden von Volkes und Volksvertreters Wille. So wird es immer noch regiert von Kleinmut, von Angst vor Frustrationen möglicher Wähler, vom Klein-Klein des Tagesgeschäfts. Wenn es so weiter geht, bleiben die Glaubwürdigkeit, das höchste Gut der Politik, und der Wähler auf der Strecke. Was soll er mit Politikern anfangen, die nicht einmal zu einem bald fertigen neuen Landtag stehen?

Zu glauben, das Grundstein-Fiasko wäre der Anfang vom Ende dieser Mentalität, ist zu optimistisch. Leider.

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