
© Jan Kuppert
Von Erhart Hohenstein: In 90 Minuten Belagerung zum 7:0
1200 Zuschauer sahen einseitiges Champions-League-Spiel zwischen Turbine und Neulengbach
Stand:
90 Minuten lang belagerte der 1. FFC Turbine gestern Nachmittag das Tor des NÖ-SV Neulengbach, dann stand der 7:0-Erfolg im Achtelfinale der Champions League fest. Der österreichische Meister bot eine erschreckend schwache Leistung, stellte sich mit zehn Mann hinten rein, schlug die Bälle ziellos heraus und ließ jegliche Angriffsbemühungen vergessen. Andererseits liefen sich die hoch favorisierten Potsdamerinnen im Dickicht der Abwehrbeine immer wieder fest. Ohne klaren Drang zum Tor schoben sie das Leder vor der Strafraumgrenze hin und her.
So wurde den gelangweilten Zuschauern – für einen Wochentag ansehnliche 1200 waren ins Karl-Liebknecht-Stadion gekommen – ein rechter Schmarrn geboten, zumindest in der ersten Halbzeit. Nach dem schnellen 1:0 durch Nadine Keßler (7.) schleppte sich die Begegnung dahin, dass dem sonst so temperamentvollen Publikum die Anfeuerungsrufe im Hals stecken blieben. „Die spielen wie die Bayern: 95 Prozent Ballbesitz, aber kein Tor“, klang es von der Tribüne. Nach dem 2:0 durch Anja Mittag (28.), die sich ansonsten sehr zurückhielt, gingen die Gäste mit einem knappen Rückstand in die Pause, wie ihn sich ihre Trainerin Sabine Brand für das Rückspiel gewünscht hatte.
Da waren aber noch 45 Minuten zu überstehen, und solange konnten die Mädchen aus dem Wienerwald ihre Betonmauer nicht standfest erhalten. Sie bauten physisch stark ab und schluckten jetzt trotz einer weiterhin mäßigen Leistung der Turbine-Elf einen Treffer nach dem anderen. Zunächst traf Mannschaftskapitän Jennifer Zietz nach einer hübschen Kurzpasskombination mit Flachschuss ins lange Eck (58.), dann sorgte die bis dahin eher durch Fehlpässe auffallende Viola Odebrecht nach einer abgewehrten Ecke mit kraftvollem Distanzschuss für das 4:0. Yuki Nagasato bestätigte kurz nach ihrer Einwechslung ihren Ruf als torgefährlicher Joker und versenkte einen Kopfball im Netz (65.).
Viel hatten die Österreicherinnen nicht mehr entgegenzusetzen. Nur Verteidigerin Alexandra Biirova ging gegen die in manchen Szenen brillante, blitzschnell die Spielsituation erfassende Fatmire Bajramaj allzu robust vor und kassierte nach zwei groben Fouls schließlich die Gelb-Rote Karte (88.). Dies war aber das einzige Mal, dass die belgische Schiedsrichterin Claudine Brohet durchgreifen musste, die mit der gestrigen Begegnung ihre internationale Laufbahn beendete.
Für das 7:0-Endergebnis sorgten schließlich Anja Mittag (77.) und fast mit dem Abpfiff noch einmal Jennifer Zietz. Die zeigte sich später mit den Leistungen ihrer Elf in der ersten Halbzeit ebenso unzufrieden wie Trainer Bernd Schröder. „Dann konnten wir aber physisch noch eine Schippe drauflegen“, meinte sie. Neulengbachs Trainerstab gewann der Niederlage auch etwa Gutes ab. „Wir brauchen Vergleiche gegen Spitzenmannschaften, um unser Leistungsniveau Stufe um Stufe zu erhöhen“, erklärte Co-Trainer Johannes Uhlig.
Turbine Potsdam: Schumann; Peter, Henning, Bajramaj, Zietz, Wesely (ab 70. Löwenberg), Odebrecht (ab 63. I. Kerschowski), Schmidt, Kemme, Keßler (ab 59. Nagasato), Mittag.
Erhart Hohenstein
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