Von Henri Kramer: In der Rock’n’Roll-Welt
Der Tumult e.V. organisiert seit zwei Jahren regelmäßig und ohne Unterstützung lautstarke Konzerte
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Für Rock’n’Roll kann auch eine Brotschneidemaschine wichtig sein. Denn so ein Gerät benötigen Florian Kraatz und Sven Flieger einmal im Monat zwingend. Die beiden gehören zur Vereinsspitze des Tumult e.V., der nun schon seit zwei Jahren regelmäßig im Club Charlotte in der Charlottenstraße 13 lautstarke Konzerte organisiert. An solchen Tagen benötigen sie die Brotschneidemaschine für die Sandwichs, die jede Band vor ihrem Auftritt geschmiert bekommt. Dazu gibt es Obst, Bier, Pizza und vieles mehr. Sven Flieger sagt: „Unser Catering ist das beste in der Stadt, da steckt noch Handarbeit und Liebe drin.“
Am Dienstagabend haben sich der 29-jährige Florian Kraatz und das Tumult-Team zu einer Sitzung verabredet – solche Planungsrunden finden bei dem Verein nicht in einem Büro, sondern in der urigen Waschbar in Potsdam-West statt. Sieben junge Erwachsene ab Mitte 20 sitzen an einem Tisch, trinken Bier und reden über ihr Projekt, Potsdam mit Gitarrenmusik zu beschallen. Am Samstag ist ein Abend mit Potsdamer Metal-Bands geplant, am 8. Mai ein Abend zu Ehren der Country-Legende Johnny Cash. Florian Kraatz sagt: „Wir reiten quer durch die Musikstile – und wir können im Gegensatz zu manch totsaniertem Laden mit Atmosphäre auftrumpfen.“
Solche Sätze verraten viel über das Selbstverständnis des jungen Vereins. Man gibt sich selbstbewusst und pflegt die Attitüde des Rock’n’Rollers, der sich gegen den gesellschaftlichen Mainstream behauptet. Und so sind die Vereinsmitglieder – fast nur Jungen – auch ein wenig stolz, Konzerte für maximal fünf Euro anzubieten und dennoch schon über so lange Zeit ohne jegliche finanzielle Förderung überlebt zu haben. „Einmal ist uns ein Antrag auf Unterstützung von der Stadt abgelehnt worden – wir erwarten da nichts mehr und haben ehrlich gesagt auch keinen Bock mehr auf diesen bürokratischen Kram“, sagt Florian Kratz.
Lieber wird über die kommenden Partys geredet. Am Samstag treten mit Immortal Dying, Sunna Sepdoom und Request A Whiteless Rose drei brachiale Metalcore-Bands aus Potsdam auf. Um solche Gigs zu organisieren, investieren die Tumult-Mitglieder jeweils mehrere Stunden pro Woche, wer was macht, wird vorher abgestimmt. „Neu ausprobieren wollen wir, die Musikauswahl bei der Aftershow-Party eng mit dem Konzert zu verbinden“, sagt Sven Flieger, der als DJ Flyscher für den Partysound verantwortlich ist. So gibt es dieses Mal aggressiven Sound nach Konzert-Ende, nach der Johnny Cash-Coverband „Bandana“ in einem Monat soll tanzbarer Rock laufen. „Ganz wichtig ist noch zu erwähnen, dass bei unseren Partys der Pfeffi-Likör nur einen Euro kostet“, will einer aus dem Tumult-Team extra noch betonen.
Das ist denn für die Tumult-Leute wohl ein Hauptaspekt ihres Tuns: Feiern, Spaß haben. Der Verein gibt sich betont unpolitisch. Und so ist das Hauptproblem für den 31-jährigen Sven Flieger, dass im Club Charlotte zumindest die Konzerte immer pünktlich um Mitternacht beendet werden müssen. „Der normale Potsdamer geht aber meist erst 22 Uhr aus dem Haus – deswegen haben die Vorbands bei uns meist noch wenige Zuschauer.“ Und die Organisatoren müssen sich sorgen, ob sie nicht zu viel Geld draufzahlen müssen. „Doch bisher hat es immer geklappt“, sagt Florian Kraatz. Bei 150 liegt der Besucherschnitt.
Am Samstag ist es wieder soweit – zunächst steht der „Kaufland“-Besuch für das Catering an, dann der Auftritt. Besonders freut sich die Tumult–Crew auf ein wiederkehrendes Bild solcher Abende: Wenn das oft schwarz gekleidete Publikum vom Club Charlotte auf die Gäste des Kabaretts „Obelisk“ im selben Haus trifft. Sven Flieger sagt grinsend: „Das sind wirklich sehr verschiedene Welten.“ Die Tumulter stehen für die Rock’n’Roll-Welt.
Im Internet:
www.tumult-potsdam.de
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