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Sport: In elf Wochen vom Kreißsaal auf den Thron Sandra Köppen holte Sumo- Gold bei World-Games

Als es geschafft war, sah Sandra Köppen gar nicht wie eine Siegerin aus. Auf allen Vieren und mit gesenktem Kopf verharrte die Sumo-Kämpferin für einige Sekunden auf dem sandigen Boden außerhalb des „Dojo“-Ringes.

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Als es geschafft war, sah Sandra Köppen gar nicht wie eine Siegerin aus. Auf allen Vieren und mit gesenktem Kopf verharrte die Sumo-Kämpferin für einige Sekunden auf dem sandigen Boden außerhalb des „Dojo“-Ringes. Kurz zuvor hatte sie die Russin Olesja Kowalenko mit einem wuchtigen Stoß, einem Yori-Kiri, aus der Kampfzone befördert und sich bei den World Games in Duisburg damit Gold im Schwergewicht gesichert. Obwohl ihr Knie zentimeterdick bandagiert war. Obwohl sie eigentlich lieber Judoka als Sumotori ist. Und obwohl sie erst vor elf Wochen eine Tochter zur Welt gebracht hat. „Eigentlich war es utopisch, hier zu gewinnen“, sagte die 30 Jahre alte Schwergewichts-Kämpferin. Bis eine Woche vor dem Wettkampf stand noch nicht einmal fest, ob sie World Games überhaupt starten würde. „Aber gerade in Deutschland wollte ich unbedingt dabei sein.“ Bereits sechs Wochen nach der Geburt von Marie Luis begann Köppen, die mit ihrem Lebensgefährten und Coach Wolfgang Zuckschwerdt auf einem Bauerngut in Schenkenberg bei Brandenburg lebt, wieder mit dem Training, zunächst mit einem Reha-Programm unter ärztlicher Aufsicht. Dem Muskelaufbau folgte das „Höhentraining“ in einer speziellen Druckkammer in Berlin. Doch die Ungewissheit blieb: „Ich hab'' gedacht, ich fahr'' hier hin und krieg'' die Badehose voll.“ Der Start ins Turnier – bei dem die kleine Marie Louis von Papa Wolfgang und Sandras Mutter Barbara betreut wurde – missglückte prompt. Köppen verlor nicht nur ihr Auftaktmatch gegen Kowalenko, sondern stürzte dabei auch unglücklich auf das linke Knie, das dick bandagiert werden musste. „Das war schon heftig“, sagte sie, „aber ich habe die Zähne zusammengebissen.“ Danach kam Köppen in Schwung. Mit ihrem aktuellen Kampfgewicht von 138 Kilo – normal hat sie 130 – beförderte die Sportsoldatin eine Gegnerin nach der anderen aus dem Ring: Katherine Hurley aus den USA, die Russin Ekaterina Keyb, Meenakshi Ramdhun (Mauritius) und die Brasilianerin Fernanda Pereira da Costa. Im Halbfinale bezwang sie auch die spätere Drittplatzierte, die Polin Edyta Witkowska. Unterstützt wurde Sandra Köppen von rund 1500 begeisterten Zuschauern. Inmitten des Spektakels strahlte die gelernte Arzthelferin eine beeindruckende Ruhe aus. Vor den Kämpfen ging sie stets als erste in Position und fixierte ihre Kontrahentinnen mit eindringlichen Blicken. Das sind entscheidende Momente: „Wenn ich den Gegnern in die Augen sehe, weiß ich, welche Chance ich habe.“ Vor dem Finalkampf, der Revanche gegen Kowalenko, spürte sie, dass sich etwas verändert hatte. Aber nicht bei der Russin, sondern bei ihr selbst: „Ich habe sie anders angeschaut. Konzentrierter.“ Eigentlich kommt die Weltmeisterin von 1999, 2001 und 2004 wie viele andere Sumotori auch aus dem Judo. „Das ist olympisch, und da hängt natürlich auch mein Herz dran.“ Als Judoka wurde sie bei der WM 2003 Dritte und nahm 2000 und 2004 an den Olympischen Spielen teil – bislang ohne Medaille. Das soll sich aber in drei Jahren in Peking ändern: „Ohne das Ziel, eine Medaille zu holen, braucht man zu Olympia gar nicht hinzufahren“, meint Sandra Köppen. Eigentlich wollte sie mit einem internationalen Trainingslager in der nächsten Woche im holländischen Leudsen nahe Rotterdams in die langfristige Judo-Vorbereitung für 2006 einsteigen; die diesjährigen WM in Kairo als diesjähriger Saisonhöhepunkt spielen in ihrer Planung keine Rolle. „Nun muss ich aber erst einmal abwarten, was aus meiner Knieverletzung wird. Davon hängt auch ab, ob ich wie eigentlich geplant bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften Anfang August in Braunschweig antreten kann“, erklärte die Brandenburgerin, die trotz des lädierten Knies gestern auch in der Offenen Klasse antrat, zunächst gegen Luciana Watanabe (Brasilien) gewann, dann aber der Russin Ekaterina Keyb unterlag und ausschied. „Sie hätte aber auch nicht mehr weiterkämpfen können“, sagte Trainer und Lebensgefährte Wolfgang Zuckschwerdt den PNN.

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