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Getroffen. Viola Odebrecht (rechts) und Stefanie Draws knuddeln hier Torschützin Nadine Keßler (verdeckt) nach derem 1:0; Jessica Wich (links) eilt ebenfalls herbei.

© Manfred Thomas

Von Michael Meyer: In Gedanken schon in Duisburg oder London

Beim 5:0-Heimsieg des Deutschen Meisters half Røa IL auch diplomatische Hilfe Norwegens nicht

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Da half auch die beste Nachbarschaftshilfe nicht. Sven Erik Svedman, Botschafter Norwegens in Deutschland, war am Mittwoch in Babelsberg vor dem Anpfiff extra in die Mannschaftskabine seiner Landsfrauen geeilt. Doch die aufmunternden Worte des 63-Jährigen, der privat in Oslo in der gleichen Straße wohnt, in der Røa IL sein Røabanen-Stadion hat, bewirkten nichts – Norwegens Fußball-Landesmeister und -Pokalsieger verlor das Viertelfinal-Hinspiel der UEFA Women’s Champions League beim Deutschen Meister Turbine Potsdam mit 0:5 (0:2) und steht vor dem Ausscheiden (PNN berichteten). Entsprechend zerknirscht war nach der Partie Røas Coach Geir Nordby. „Es gibt heute einen glücklichen und einen traurigen Trainer – und der traurige bin ich“, grummelte der einstige Skispringer. „Wir haben ein schlechtes Spiel gemacht und deshalb gegen ein gutes Team verloren.“

Bernd Schröder strahlte währenddessen eine Zufriedenheit aus, die ahnen ließ, unter welcher inneren Anspannung Potsdams Trainer vor der Partie gestanden hatte. „Ich war vorher wirklich sehr unruhig, habe mir nach dem Spiel nicht mal ein Glas Rotwein gegönnt und konnte in der Nacht zu heute auch schlecht schlafen“, bestätigte der Übungsleiter am Donnerstag, nachdem er am frühen Vormittag bereits wieder eine Trainingseinheit der Fußballerinnen geleitet hatte, die am Abend zuvor gar nicht oder weniger als eine Halbzeit gespielt hatten. Stefanie Draws konnte sich da noch ausruhen und den Heimsieg noch einmal Revue passieren lassen. „Mit einem 5:0 hatte nach der langen Spielpause niemand von uns gerechnet“, sagte die 20-Jährige, die von Schröder gegen Røa erstmals von der linken auf die rechte Außenbahn gestellt worden war. „Das war völlig ungewohnt für mich. Ich hatte bis dahin noch nie rechts gespielt, bin dort aber ganz gut klargekommen“, erzählte Draws, die ihre Sache sehr gut machte und Oslos Stürmerstar Lene Mykjaland – die nach dem Rückspiel in die USA wechseln wird – zur Wirkungslosigkeit verurteilte. „Steffi hat, ebenso wie Josephine Henning auf der anderen Seite, sehr solide gespielt“, lobte denn auch Schröder. „Sie spielte unauffällig, aber fast fehlerfrei.“

Ob er Draws am nächsten Mittwoch im Rückspiel wieder ins rechte Mittelfeld beordern wird, lässt der Cheftrainer noch offen; gleichwohl bereitet er seine Truppe seit gestern auf das Rückspiel im Røabanen-Stadion vor. „Da wir dort auf Kunstrasen antreten werden, versuchen wir jetzt, uns auch auf Kunstrasen einzuspielen, um in Oslo keine Nachteile zu haben“, erläuterte der 67-Jährige, der schon an die Halbfinal-Spiele am 10. und 18. April gegen den FCR Duisburg oder Arsenal London denkt. „Den Luxus gönnen wir uns“, erklärte Schröder. Derzeit sucht sein Verein nach Möglichkeiten, jemanden am Sonntag nach London zu schicken, um Turbine mit Videomaterial vom Rückspiel Arsenal – Duisburg zu versorgen. „Flüge nach London sind allerdings rar“, sagte der Trainer, der insgeheim ein bisschen auf einen Halbfinalgegner aus England hofft. „Gegen Duisburg“, meinte er, „spielen wir in diesem Frühjahr in Meisterschaft und DFB-Pokal sowieso noch zweimal.“ Sollte der FCR nach dem knappen 2:1-Heimsieg am Sonntag den Sprung unter die letzten vier Teams schaffen, würden die beiden deutschen Klubs innerhalb von dreieinhalb Wochen viermal aufeinandertreffen.

Großes Ziel Turbines ist das Champions-League-Endspiel am 20. Mai in Madrid. Zunächst aber möchte Potsdam bei Røa IL die Tür ins Halbfinale endgültig aufstoßen, obwohl Oslos Trainer am Mittwoch verkündete, nun daheim 6:0 gewinnen zu wollen. Turbine ist zuversichtlich. Von Torfrau Desiree Schumann, die am Mittwoch ihren Klub in der vierten Minute mit zwei Glanzparaden vor einem frühen Rückstand bewahrte, bis hin zur eingewechselten Stürmerin Yuki Nagasato, die mit ihrem Flachschuss zum 5:0 (82.) den Schlusspunkt unter einen unterhaltsamen Abend unter Flutlicht setzte. Vor ihr hatten Nadine Keßler (20., 71.), Viola Odebrecht (43.) und Babett Peter (48.) für Turbine getroffen.

Übrigens hatte auch Turbines Neuzugang Nagasato am Mittwochabend diplomatischen Beistand. Mari Miyoshi, Gesandte der japanischen Botschaft, drückte auf den Traversen die Daumen, während ein Kamerateam des Fernsehsenders NHK Aufnahmen für einen Bericht über die Japanerin in Potsdam machte und Bernd Schröder nach dem Abpfiff zahlreiche Fragen der japanischen Presse beantworten musste. Yuki Nagasato genoss diesen Rummel im Stillen und erklärte auf Deutsch: „Ich habe mich sehr auf heute gefreut und bin sehr glücklich.“

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