
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: In letzter Minute
In Potsdam und Umgebung gibt es mehr freie Lehrstellen als Bewerber. Am Mittwoch haben 80 Jugendliche an einer von den Kammern organisierten Vermittlungsaktion teilgenommen
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Die Floskel kommt ein wenig zu schnell: „Ich bin auf die schiefe Bahn geraten und hab’s dann verpennt“, sagt Alexander Hinze-Paul wie auswendig gelernt. Aber es klingt ehrlich. Der 24-Jährige wartet auf ein Beratungsgespräch in der Agentur für Arbeit, am Mittwochnachmittag hat dort eine Nachvermittlungsaktion von Lehrstellen stattgefunden.
Eigentlich gehört Hinze-Paul gar nicht zur angesprochenen Zielgruppe. Denn inzwischen tut der junge Mann genau das, was möglichst alle Jugendlichen tun sollten: sich rechtzeitig kümmern. Alexander Hinze-Paul wird im nächsten Jahr seinen Zehnte-Klasse-Abschluss nachholen, dann will er eine Lehre machen, Maler oder Trockenbau, damit er nicht ewig bei McDonalds arbeiten muss. So zielstrebig war er nicht immer. Eine Lehre hat er abgebrochen, das sei „so ein Einsteigerdings“ gewesen, sagt er, von der IHK vermittelt. Aber jetzt sei es ihm ernst.
Die Vermittlungsaktion haben die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Handwerkskammer und die Arbeitsagentur für Jugendliche und junge Erwachsene organisiert, die noch einen Ausbildungsplatz suchen. 150 Einladungen hat das Arbeitsamt verschickt, viele Gäste kommen auch, weil sie es aus den Medien erfahren haben. Im August, so die letzten Zahlen der Arbeitsagentur, gab es in Potsdam 184 unbesetzte Lehrstellen für 113 Bewerber, im gesamten Agenturbezirk stehen derzeit etwa 800 offene Lehrstellen in allen Branchen zur Verfügung. Dass trotzdem nach Beginn des Ausbildungsjahrs noch so viele Schulabgänger ohne Lehrstelle dastehen, habe mehrere Gründe, sagt Peter Limpächer, Teamleiter Berufsberatung von der Agentur. So hingen manche zu sehr an ihrem Traumberuf, andere schaffen es nicht durch die Probezeit, weil Azubi oder Betrieb feststellen, dass es eben doch nicht passt.
Zu der Aktion am Mittwoch bringen viele Jugendliche ihre Bewerbungsunterlagen gleich mit, manche werden von ihren Eltern begleitet. „Wir brauchen deren Unterstützung“, sagt Agentur-Geschäftsführer Manfred Pollnow. Von den Bewerbern werde Flexibilität, was die Berufswahl und den Ausbildungsort betrifft, erwartet. Und auch wer wie Alexander Hinze-Paul keinen Schulabschluss hat, kann eine Ausbildung machen. Die IHK berät Jugendliche und Ausbildungsbetriebe zu Fördermaßnahmen, ausbildungsbegleitenden Hilfen, die in Praktika und nach Möglichkeit in einen Lehrvertrag münden. „Die haben mich da super beraten und motiviert, und dann hab ich mich entschieden, an der Kleist-Schule meinen Abschluss nachzuholen“, sagt Hinze-Paul, bevor ihn die Beraterin an den Tisch winkt.Steffi Pyanoe
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