Nach dem Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin: In Potsdam geht es weiter - irgendwie
Bei dem Anschlag in Berlin wurde auch ein Potsdamer verletzt. Bei einem Friedensgebet in der Nagelkreuzkapelle wurde am Mittwoch der Opfer gedacht. Unterdessen sollen Betonsperren den Potsdamer Weihnachtsmarkt sicherer machen.
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Potsdam/Berlin - Gedenkgottesdienst, Sicherheitsmaßnahmen auf dem Weihnachtsmarkt, gedrückte Stimmung und die Nachricht über einen Verletzten aus Potsdam – auch am Mittwoch stand die Stadt unter dem Eindruck des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz am Montagabend. Irgendwie geht es weiter. Die PNN geben einen Überblick, was im Einzelnen geschah.
WEIHNACHTSMARKT
Der Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße war auch am Mittwoch wieder geöffnet. Potsdamer und Touristen besuchten die Marktstände. Es war zwar voller als am Tag direkt nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz, bei dem mindestens zwölf Menschen getötet und fast 50 verletzt worden waren – allerdings waren am Nachmittag etwas weniger Besucher unterwegs als in früheren Jahren. Anders als am Dienstag tönte auch wieder Weihnachtsmusik durch die Straße.
BETONSPERREN
Sichtbarste Reaktion auf den Berliner Anschlag waren am Mittwoch in Potsdam zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen: Um 14 Uhr wurden am Luisenplatz Betonsperren aufgestellt. Die meisten Passanten schauten nur kurz auf die grauen Betonteile und setzten dann ihren Weg fort. Ein paar schüttelten auch die Köpfe. „Das bringt doch nichts“, sagte ein Radfahrer. Die Betonsegmente sollen ein Szenario wie in Berlin verhindern. Die vier jeweils mehr als zweieinhalb Tonnen schweren Teile wurden an der Einmündung der Zeppelinstraße sowie südlich des Brandenburger Tores von der Potsdamer Berufsfeuerwehr aufgestellt. Das soll verhindern, dass ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit auf das Marktgelände fährt, erklärte Potsdams Ordnungsdezernent Mike Schubert (SPD) vor Ort den PNN.
Die gemeinsame Lagebeurteilung mit der Polizei habe diese beiden Stellen schon am Vortag als neuralgische Punkte ergeben. An diesen Stellen könnte ein Fahrzeug bei Geradeausfahrt Schwung aufnehmen. Deshalb habe sie die Polizei als Sofortmaßnahme bereits am Dienstag mit ihren Einsatzfahrzeugen blockiert. „Für die Sicherheit ist in erster Linie die Polizei zuständig, aber wir können uns als Stadt auch nicht aus der Verantwortung ziehen“, so Schubert. Deshalb habe die Stadt die Betonelemente vom kommunalen Bauhof bereitgestellt. So lange der Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße geöffnet ist, also bis 28. Dezember, sollen die Sperren stehen bleiben. Was danach passiert, sei noch offen.
Die Betonsegmente sind nur für diese beiden Stellen vorgesehen. Die meisten anderen Zugänge werden als weniger gefährdet angesehen, weil die Straßen so eng sind, dass Lkw dort ohnehin kaum durchkommen würden. An der Friedrich-Ebert-Straße und am Bassinplatz wurden dementsprechend keine Betonsegmente aufgestellt.
Schubert machte aber zugleich deutlich, dass es keine Garantie für hundertprozentige Sicherheit geben könne: „Unsere Gesellschaft muss auch eine Debatte darüber führen, wie sie Sicherheit und Freiheit abwägen will.“ Außerdem sei es auch deshalb nicht möglich, den gesamten Weihnachtsmarkt mit Betonsperren abzuriegeln, weil Wege für Rettungsfahrzeuge frei bleiben müssen, erklärte er. Als Kompromiss habe man sich mit dem Veranstalter des Weihnachtsmarkts und Standbetreibern am Luisenplatz abgesprochen: Zwei Lieferfahrzeuge sind in der Schopenhauerstraße so abgestellt, dass die Zufahrt versperrt ist. Falls ein Rettungsfahrzeug komme, würden sie Platz machen.
SICHERHEITSKRÄFTE
Auch die Polizei zeigte am Mittwoch wieder sichtbar Präsenz auf dem Potsdamer Weihnachtsmarkt. Beamte mit schusssicheren Westen und Maschinenpistolen patrouillierten durch die Straßen. An den Zufahrten waren die Einsatzfahrzeuge abgestellt. Die Polizisten, die auf Weihnachtsmärkten zusätzlich patrouillieren, würden „erkennbar“ sein, hatte Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Dienstag angekündigt. Außerdem werde die Polizei auch in Potsdam verstärkt den Autoverkehr beobachten und bei Bedarf einzelne Fahrzeuge kontrollieren.
Zusätzlich sollen Mitarbeiter des Ordnungsamtes und des Sicherheitsdienstes, der im Auftrag des Weihnachtsmarktveranstalters tätig ist, darauf achten, dass Feuerwehrzufahrten und Rettungswege nicht zugeparkt werden. Fahrzeughalter, die mit ihren Autos solche Zufahrten blockierten, „müssen damit rechnen, sofort abgeschleppt zu werden“, sagte Dezernent Schubert. Feuerwehr und Ordnungsamt würden zudem vermehrt kontrollieren, ob die Aufstellflächen für Rettungswagen und Feuerwehr freigehalten werden.
POTSDAMER VERLETZT
Unter den Verletzten des Anschlags auf einem Berliner Weihnachtsmarkt ist auch ein 37 Jahre alter Mann aus Potsdam. Dies teilte eine Sprecherin des Brandenburger Innenministeriums am Mittwochnachmittag mit. Der Mann sei leicht verletzt worden und nach der Tat stationär in eine Klinik gekommen. Bei dem Attentat auf dem Breitscheidplatz in Berlin am Montagabend waren mindestens zwölf Menschen getötet und rund 50 Menschen verletzt worden.
FRIEDENSGEBET
Das wöchentliche Friedensgebet in der Nagelkreuzkapelle stand am Mittwochabend auch im Zeichen der Trauer um die Opfer des Anschlags. Mehr als 50 Potsdamer waren gekommen, darunter auch Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Dezernent Mike Schubert. Gemeinsam wurde gebetet und gesungen. „Wir können nur erahnen, was die Angehörigen der Opfer erleiden“, sagte Pfarrerin Cornelia Radeke-Engst. „Aber wir stehen nicht allein, sondern zusammen.“ Auch Mitglieder der muslimischen Gemeinde nahmen an dem Friedensgebet teil – zum Beispiel Fadi Sujaa: „Wir wissen, was es bedeutet, denn über unser Land hat der Terrorismus großes Leid gebracht“, sagte der Flüchtling aus Syrien. „Wir beten gemeinsam für Frieden und Freiheit.“ Ud Joffe, Vorsitzender der Synagogengemeinde Potsdam, wandte sich an Gott: „Liebe, Frieden, Zuversicht – das brauchen wir.“ Theologiestudentin Kathrin Deisting, die mit Radeke-Engst das Friedensgebet abhielt, erinnerte auch an andere Orte an denen in den vergangenen Tagen Menschen zu Tode kamen. Sie erwähnte das Attentat auf den russischen Botschafter in Ankara und die 29 Toten bei der Explosion einer Fabrik in Mexiko-Stadt.
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Nach Ende des Friedensgebets erfuhr Jakobs, dass unter den Todesopfern des Anschlags von Berlin auch zwei Brandenburger sind: ein 32-jähriger Mann aus Brandenburg/Havel und eine 53-jährige Frau aus dem Landkreis Dahme-Spreewald. Solche Nachrichten seien tragisch. „Dadurch wird es noch persönlicher“, so Jakobs. Dennoch sei es für die Angehörigen auch wichtig, Gewissheit zu erlangen.
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