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Landeshauptstadt: Industrieclub hakt nach

Wahl-Talk der Kommunalpolitik: Defizite bei harten und weichen Standortfaktoren benannt

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Innenstadt - Die Defizite in den „harten“ und „weichen“ Standortfaktoren müssen abgebaut werden – diesen Eindruck vermittelte am Donnerstagabend eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aller Stadtfraktionen und der FDP im Industrieclub Potsdam. Wer von den zirka 30 Club-Mitgliedern in der Villa Arnim eine Orientierung für die Kommunalwahl suchte, dürfte es schwer haben. Der Grund: Die Fraktionen gaben sich harmonisch. Der Club-Vorsitzende Gerhard Lehmann, der das Podium moderierte, zog nach zweieinhalb Diskussionsstunden das Fazit: „Zu wenig kontrovers.“

Die erwähnten Defizite auf der harten und weichen Seite lassen sich auf wenige Punkte fokussieren: Zu wenig oder nicht bedarfsgerecht verteilte Kita-Plätze, renovierungsbedürftige und nicht bedarfsgerechte Schulen, eine sozial nicht vertretbare Wohnungspolitik sowie fehlende Räume für Jugendliche in der Innenstadt. Und bei den „harten“ Faktoren sind es der zu geringe Anteil am produzierenden Gewerbe, die fehlende Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft sowie Mängel in der Berufsausbildung.

Die von den Parteien eingeschlagenen Wege zur Mängelbeseitigung sind unterschiedlich: Götz Thorsten Friederich (CDU) setzt vor allem auf private Initiativen. Auch in der Jugendarbeit seien diese vielversprechender als „Geld ohne Ende für Träger der Jugendarbeit auszugeben“. Rolf Kutzmutz (Die Linke) fordert die Abarbeitung der Vereinbarungen seiner Partei mit der Stadt zur Schulsanierung. Bekanntlich hatte sich die Kommune dadurch die Zustimmung der Linken zum Bau des Landtagsschlosses gesichert. Jan Wendt (Die Andere) meint zur Innenstadt-Gestaltung, dass es dem 21. Jahrhundert nicht angemessen sei, das 18. Jahrhundert wieder aufzubauen. Das geplante Freizeitbad des brasilianischen Star-Architekten Oskar Niemeyer hätte laut Peter Schüler (Bündnis 90/Grüne) einen qualitätsvollen Kontrapunkt setzen können. „Preußische Schlösser und Gärten – oder darf“s ein bisschen mehr sein?“ lautete eine Frage des Moderators nach der „Zukunfts- Marke“ Potsdams. Ute Bankwitz (Bürgerbündnis) hält es nicht für notwendig, das Welterbe-Image zu ändern oder in den Hintergrund zu drängen. Wenn dazu die Marke einer Wissenschaftsmetropole oder der kinderfreundlichste Stadt komme – um so besser. Oberbürgermeister Jann Jakobs, der die SPD-Fraktion vertrat, stellte Potsdams Aufstieg seit 2002 dar: Bevölkerungswachstum, Kita-Platz-Garantie, 19 Jugendeinrichtungen, Bauboom.

Fast scheinen Neuwahlen überflüssig. Doch es gibt auch andere Sichten. So beklagen Mitglieder des Industrieclubs die traurige Spitzenstellung Potsdams bei den Gewerbesteuern und Marcel Yon von der FDP die höchsten Wasserpreise aller deutsche Städte. Yon zeigt ein Kreisdiagramm der Sitzverteilung der 50-köpfigen Stadtverordneten: 36 Prozent Linke, 18 Prozent SPD. Erst wenn diese Linkslastigkeit beseitigt werde, käme es zu einer „Allianz der Vernunft“, die auch zu Änderungen der Stadtpolitik führen werde. Doch der von Yon gewünschte Ausgang scheint angesichts der Harmonie der Stadtvertreter höchst zweifelhaft, genauso wie der Wunsch von Friederich nach Beseitigung der „Weimarer Verhältnisse“ in der Stadtverordnetenversammlung. Günter Schenke

Günter Schenke

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