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Homepage: Informatiker proben den Aufstand

Professoren gegen Uni-Chef: Potsdams Informatiker fürchten um ihren Studiengang. Im Juli will die Uni über den Fortbestand entscheiden

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Die Professoren des Instituts für Informatik an der Universität Potsdam stellen sich geschlossen gegen die Pläne des Uni-Präsidenten Oliver Günther, den Informatikstudiengang zu reformieren. Der Wirtschaftsinformatiker Günther will das Institut aufspalten und dabei die Wirtschaftsinformatik stärken. Die Professoren fürchten, das grundständige Informatikstudium könnte dabei unter die Räder kommen – das womöglich schon zum Wintersemester. Sie rufen ihre Studierenden auf, gegen die Pläne mobil zu machen.

„Wir Professoren sind uns alle einig, wir tragen keine Umbaupläne mit, die die Informatik in Potsdam und Brandenburg schwächen“, sagte Institutsleiterin Tiziana Margaria-Steffen den PNN. Statt der angekündigten Spezialisierung fürchten die Professoren die schleichende Abschaffung des Instituts. Die Frage sei nur, wie lange es dauert, bis der Informatikstudiengang und möglicherweise sein profilierter Nachfolger eingestellt werden.

Bereits am Dienstag demonstrierten Studenten der Informatik gemeinsam mit Studierenden der Juristischen Fakultät in der Innenstadt für den Erhalt ihrer Studiengänge (PNN berichteten). Die Informatikstudenten planen am kommenden Mittwoch zudem eine Vollversammlung. Ausgelöst wurde die Debatte durch den Bericht der vom Land beauftragten Hochschulstrukturkommission. Dort war zu lesen, dass die Uni erwägt, den grundständigen Informatikstudiengang aufzugeben.

Auf die Frage, ob und wann der Studiengang eingestellt werden soll, antwortete die Uni-Leitung am Donnerstag ausweichend: Im Juli werde über das Studienangebot entschieden. Konkret werde der Ausbau der Wirtschaftsinformatik und die Einführung eines Bachelor- und Masterstudiengangs „Computational Science“ diskutiert. Ziel sei es, mit vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen ein anwendungsorientiertes Angebot mit Fokus auf Natur- und Wirtschaftswissenschaften zu entwickeln: „Insgesamt soll die Potsdamer Informatik nicht gekürzt, sondern ausgebaut werden.“ Der Informatikstudiengang könne sich jedoch nicht genug gegen Angebote des benachbarten Hasso-Plattner-Instituts und Berliner Einrichtungen absetzen: „Das zeigt sich im Vergleich der Bewerberquoten, der Fachstudiendauern und der Studiengangsauslastung.“ Immatrikulierten Studenten werde der Abschluss ermöglicht.

Derzeit sind am Institut für Informatik etwa 900 Studierende eingeschrieben, darunter 30 Prozent Frauen. Jährlich verlassen das Institut rund 50 Absolventen und zehn Doktoranden. Sieben Professoren sind angestellt – eine weitere Stelle ist unbesetzt. Sie soll in eine Professur für Wirtschaftsinformatik umgewandelt werden. Für Informatik-Professorin Bettina Schnor ist das eine klare Schwächung des grundständigen Studiengangs. „Wir bluten als Forschungseinrichtung aus“, sagte Schnor. Zudem habe das Bild des Studiengangs durch die Diskussion gelitten. Bewerber seien verunsichert worden.

Auch Institutschefin Margaria-Steffen ist unglücklich: „Wir werden bis zur Unkenntlichkeit profiliert.“ Die Marke Informatik sei wichtig für die Studenten und ihre Berufschancen. Viele Firmen suchten gezielt nach Absolventen mit Informatik-Abschluss und keine Mischformen. „Wir haben nichts gegen eine Profilierung der Informatik. Man darf nur nicht vergessen, dass es Informatik ist“, so Margaria-Steffen.Tobias Reichelt

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