Landeshauptstadt: Insekten zum Dessert
Im „Lunchpaket“: Warum Heuschrecken und Mehlwürmer die Eiweißquelle der Zukunft sind
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Jeder von uns hat schon mal Insekten gegessen, behauptet Ina Henkel vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Potsdam. Womit sie wahrscheinlich Recht behält. Tatsächlich lässt es sich gar nicht vermeiden, innerhalb der Verarbeitungsprozesse Insekten aus unseren konventionellen Lebensmitteln wie Nudeln, Erdnussbutter oder Tomatensauce gänzlich fernzuhalten. Henkel erzählt, dass es in den USA sogar genaue Vorgaben durch die Food and Drug Administration für den erlaubten Anteil an Insekten in Lebensmitteln gibt. Beispielsweise 225 Insektenteile auf 225 Gramm Nudeln, erklärte die Wissenschaftlerin am gestrigen Mittwoch im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Lunchpaket“ im Bildungsforum.
Während sich bei den meisten Menschen bei diesem Gedanken womöglich der Magen umdreht, hält die Ernährungswissenschaftlerin Insekten als Nahrungsquelle in der Zukunft für notwendig. „Im Jahr 2050 haben wir eine erwartete Bevölkerungsdichte von knapp zehn Milliarden Menschen“, so Henkel. Diese dann alle wie bisher zu ernähren, sei mit unserer derzeitigen Viehwirtschaft rein flächentechnisch gar nicht möglich. Mittlerweile isst bereits etwa ein Drittel der Weltbevölkerung regelmäßig über 2000 verschiedene Insektenarten. Das ist für die Forscherin aus historischer Sicht nicht verwunderlich. Entomophagie, also der Verzehr von Insekten durch Menschen, ist laut Henkel seit Jahrtausenden bekannt. „Unser letzter gemeinsamer Verwandter, der Frühmensch Australopithecus robustus, lebte vor etwa 1,5 bis zwei Millionen Jahren und ernährte sich von Termiten. Später kopierten erste Jäger die Nahrungssuche von Tieren und sahen in den Insekten eine hervorragende Proteinquelle“, erklärte Henkel. In der Antike galten Insekten bei den Griechen und Römern sogar als Luxusgut.
Die Wissenschaftlerin Ina Henkel hält eine generelle Ernährungsumstellung allerdings nicht für notwendig. Die Insekten würden bloß eine weitere Möglichkeit darstellen, sich ausgewogen und gesund zu ernähren und dabei gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Denn durch die Insektenzucht entstehen deutlich weniger Treibhausgasemissionen als durch die konventionelle Tierhaltung. „Wenn man bedenkt, dass während der Produktion für ein Kilogramm Rindfleisch knapp 20 000, für ein Kilogramm Grille hingegen etwa fünf Liter Wasser verbraucht werden, sollte man sich vielleicht noch einmal überlegen, ob Insekten nicht doch auf den Teller gehören“, sagte Henkel mit einem Augenzwinkern.
Die Besucher ihres Vortrages im Bildungsforum sahen dies nach dem Verzehr von Heuschrecken im Schokoladenmantel allerdings mit gemischten Gefühlen. Florian Sprenger
Florian Sprenger
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