
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Insidertreffen am Straßenschild
Gestern wurde der Heiner-Carow-Platz eingeweiht: Eingeladen war außer der Presse offenbar niemand
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Kirchsteigfeld - Die Geschichte um die bereits mehrfach verpennte Ehrung des Defa-Regisseurs Heiner Carow in Potsdam ist um ein peinliches Kapitel reicher. Eine gute Handvoll Menschen nur kam am Donnerstag Mittag zur „feierlichen Namensgebung für den Heiner-Carow-Platz“, wie der Termin im Kalender der Landeshauptstadt angekündigt war. Außer Potsdams Baubeigeordnetem Matthias Klipp (Bündnisgrüne), zwei weiteren Verwaltungsmitarbeitern, der Linken-Stadtverordneten Jana Schulze und dem SPD-Stadtverordneten Hans-Peter Michalske waren nur zufällige Passanten zugegen. Ein „Insidertreffen“, wie eine Anwohnerin schimpfte, noch ehe Klipp sein Grußwort zu Ehren des 1997 verstorbenen Defa-Regisseurs („Die Legende von Paul und Paula“, „Coming Out“) sprechen konnte. Die Kritikerin sollte damit nur zu richtig liegen.
Denn eingeladen war außer der Presse offenbar niemand. Klipp verwies auf PNN-Nachfrage zum Einladungsprozedere auf Sigrid Sommer, die Leiterin des Stadtmarketings. Sommer wiederum sagte den PNN später am Telefon, sie habe zwar von dem Termin gewusst, sei aber nicht für die Einladungen verantwortlich gewesen: „Die Regie für diese Veranstaltung hatten wir nicht.“ Bekanntlich lebt nicht nur Carows Witwe in Potsdam, der Regisseur hat hier auch viele Weggefährten – ehemalige Kollegen aus den Defa-Studios, Mitarbeiter der Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ oder des Filmmuseums. Zumindest beim Filmmuseum lag keine Einladung vor, wie Museumssprecherin Christine Handke den PNN sagte: „Sonst wäre auf jeden Fall jemand von uns gekommen.“
Zur Erinnerung: Gut zwei Jahre ist es her, dass die Stadtverordneten auf Antrag der Linken beschlossen haben, den vorher namenlosen Platz im Zentrum des Kirchsteigfeldes nach Heiner Carow zu benennen. Zuvor hatte die Studio Babelsberg AG eine nach Carow benannte Straße auf dem Studiogelände nach US-Regisseur Quentin Tarantino umbenannt – ersatzlos. Der US-Kultregisseur Tarantino hatte in Babelsberg seinen Film „Inglourious Basterds“ gedreht. Ein Jahr gutes Jahr später, im Mai 2011, hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) die feierliche Einweihung des Platzes noch vor der Sommerpause zugesagt.
Doch während Carows Film „Paul und Paula“ im Potsdamer Filmjahr 2011 noch mit einer „Filmfahne“ und der Open-Air-Aufführung im Strandbad Babelsberg gefeiert wurde, hatte man den Regisseur im Rathaus schon wieder vergessen. Es verstrich der Geburtstag Carows am 19. September, erst im Oktober meldete sich die Stadt mit einem neuen Terminvorschlag für die Einweihung: Der 31. Januar 2012 sollte es sein, Carows 15. Todestag. Als das Datum herangerückt war, musste Oberbürgermeister Jakobs vor dem Stadtparlament zerknirscht einräumen: „Wir haben es versiebt.“
Beim gestrigen Termin bezog sich die Stadt nun auf den Jahrestag der Erstaufführung von „Paul und Paula“. Als „einen der besten und wichtigsten Regisseure der ehemaligen DDR“ lobte Matthias Klipp Carow. Seine Filme hätten ihn auch persönlich geprägt, sagte der Baubeigeordnete. Dann zog er die grüne Stoffhülle vom Straßenschild, das seit fast einem Jahr dort hängt. „Nach vielem Hickhack haben wir ihn nun endlich, den Carow-Platz“, kommentierte Jana Schulze. Es hätte feierlicher sein können, räumte Klipp ein: Im Rathaus habe es Überlegungen gegeben, die Einweihung mit einer Open-Air-Filmaufführung zu verbinden. Aber dann hätte man ja noch bis zum Sommer warten müssen.
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