zum Hauptinhalt
Susanne Wichmann bei ihrem Debüt auf dem Beetzsee. 

©  Martina Amrein

Sport: Internationales Debüt auf der Havel

Die Parakanutin Susanne Wichmann aus Stahnsdorf hat sich die Paralympics 2016 in Rio als Ziel gesetzt

Stand:

Es dauerte einige Zeit, aber irgendwann war auch die Unzufriedenheit aus dem Gesicht von Susanne Wichmann wieder verschwunden. „Ich wollte einfach näher am Feld dranbleiben“, sagt die Parakanutin nach ihrem Rennen bei der Kanu-Europameisterschaft, die am vergangenen Wochenenden in Brandenburg an der Havel stattfanden. Im Einer-Kajak über die 200-Meter-Distanz startete die Templinerin zum ersten Mal gegen die internationale Konkurrenz und beendete ihr Rennen auf dem fünften Rang.

Doch nicht nur für Susanne Wichmann hielt dieses Wochenende ein Debüt bereit. Zum ersten Mal fanden im Rahmen der Europameisterschaften im Kanu auch die Wettbewerbe der paralympischen Athleten statt, deren Rennen sich nahtlos ins Wettkampfprogramm einfügten. „So hätte ich mir das niemals vorgestellt“, meint Wichmann, die von viel weniger Publikum ausgegangen war.

Seit einem Autounfall 2006 sitzt die Kanutin, die für den Verein Aktiv e.V. Stahnsdorf, startet, im Rollstuhl. Während die Athleten ohne Beeinträchtigung die Kraft aus dem Oberkörper durch den Rumpf und die Beine auf ihr Boot übertragen, muss sich Susanne Wichmann vollkommen auf die Kraft ihres Oberkörpers und ihrer Arme verlassen.

Und auf ihr Wassergefühl. „Dieses unglaubliche Gefühl für das Wasser und das Boot hatte sie von Anfang an“, meint die Leiterin der Kanu-Abteilung bei Aktiv e.V., Andrea Volkmann. Über sie kam Wichmann zum Kanu. Das ist gerade einmal 13 Monate her. Deswegen war die Europameisterschaft eher so etwas wie ein Probedurchlauf. Ein erster Testlauf, um zu sehen, wo Wichmann im internationalen Vergleich steht. „Wir sind ohne große Erwartungen hergefahren. Wir wollten einfach sehen, was passiert“, sagt ihr Trainer Paul Zech.

Trotzdem stand für Susanne Wichmann ein gutes Ergebnis absolut im Vordergrund. „Die Zeit war gut“, sagt sie. Aber der Abstand, mit dem sie hinter den Führenden ins Ziel kam, erzeugte bei ihr ein wenig Frust. „Jetzt weiß ich aber, dass ich unbedingt noch an meiner Kraft arbeiten muss.“

Die Wellen, die so vielen Athleten am vergangenen Wochenende das Leben auf dem Wasser so viel schwerer gemacht haben, störten die 26-Jährige nicht. „Ich finde diese Strecke einfach sympathisch“, sagt Wichmann über die Regattastrecke auf dem Beetzsee. Schon vor zwei Wochen ist sie hier Ostdeutsche Meisterin geworden. Sie mag das Wasser, es ist schließlich dieselbe Havel wie zu Hause.

Zu gerade einmal drei bis vier Trainingseinheiten in der Woche schafft es die Sekretärin in den Kraftraum und hinaus auf das Wasser. Ein sehr geringer Trainingsumfang im Vergleich zu den deutschen Topathleten des KC Potsdam, die vom Gelände des Luftschiffhafens aus aufs Wasser gehen. „Mehr ist neben meiner Arbeit aber einfach nicht möglich.“ Sie sei sowieso schon froh, dass ihr privates Umfeld sie in diesem Maße unterstützt. „Sonst wäre das alles so nicht möglich.“

Nach ihrem ersten „Hineinschnuppern“ in die internationale Konkurrenz hat Susanne Wichmann den Blick schon fest auf das nächste Zwischenziel gerichtet. Bei den Kanu-Weltmeisterschaften, die Anfang August in Moskau stattfinden, will die Templinerin noch mehr aus sich herausholen. „Bis dahin muss ich einfach noch mehr arbeiten“, resümiert sie jetzt schon die Erfahrungen, die sie in Brandenburg sammeln konnte. Denn der Ehrgeiz und der Biss seien ihre größten Stärken.

Moskau ist für die 26-Jährige jedoch eigentlich nur eine Zwischenstation zum ganz großen Ziel: die Paralympischen Spiele in Rio 2016. Darauf will sie in den nächsten Jahren hinarbeiten. „Nicht jeder hat die Chance, zu Paralympischen Spielen zu fahren. Da wäre ich ja schön doof, wenn ich mir das durch die Lappen gehen lassen würde“, sagt sie. Chantal Willers

Chantal Willers

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })