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Homepage: Invasion in der Botanik

Antrittsvorlesung der Biologin Jasmin Joshi

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Die kanadische Goldrute ist ein raffiniertes Gewächs. Das hat die Botanikerin Jasmin Joshi in zahlreichen Untersuchungen ermittelt. „Die Goldrute scheidet einen Stoff aus, der die anderen Pflanzen am Wachsen hindert“, erklärt Joshi in der Antrittsvorlesung für ihre Professur am Institut für Biodiversität und spezielle Botanik an der Universität Potsdam. Joshi ist Schweizerin, bisher arbeitete sie am Institut für Umweltwissenschaften der Universität Zürich, nun hat sie den Ruf nach Potsdam bekommen. „Wir sind stolz, dass wir eine Kollegin gewonnen haben, die international wahrgenommen und zitiert wird“, sagt Prodekan Gerhard Püschel.

Quirlig und mit ungebremstem Tatendrang stürzt sich die dunkelhaarige Vierzigjährige in ihre Arbeit. Dabei pendelt sie zwischen Potsdam und Zürich. Ob ihr Mann und ihre kleine Tochter nach Berlin ziehen, ist noch nicht klar. Im kommenden Semester wird jedenfalls der Takt von Bahn und Flugzeug ihr Leben bestimmen.

In ihrer Antrittsvorlesung gab sie einen Schnellabriss ihrer bisherigen Forschung und der Gebiete, auf denen sie künftig Neues untersuchen möchte. Ihr spezielles Interesse richtet sich dabei auf Pflanzen, die sich in neuen Lebensräumen ausbreiten, Neophythen. Eingeschleppt oder bewusst angesiedelt erweisen sich die Besonderheiten, die sie aus ihrer bisherigen Umgebung mitbringen, für die Invasoren manchmal als Vorteil. Sie besetzten Nischen, die in der neuen Umgebung bisher nicht besetzt waren.

Die hübsch anzusehende Goldrute ist ein schönes Beispiel für eine Pflanze, die ursprünglich aus der Prärie Nordamerikas kam und sich dann über ganz Europa verbreitet hat. Zunächst zierte sie im 17. Jahrhundert die Landschaftsgärten Englands und des französischen Hofes. Anschließend verbreitete sie sich als Gartenpflanze explosionsartig über ganz Europa. Joshi wollte wissen, wie die Pflanze es schaffte, sich mit seltener Schnelligkeit über den ganzen Kontinent auszubreiten. Alleine die effiziente Methode mit einem Windhauch ihren Samen in den umliegenden Gräsern zu verteilen, reichte als Erklärung nicht aus. So forschte Joshi weiter. Sie neutralisierte den Stoff, den die Goldrute ausscheidet, mit Aktivkohle. So fand sie heraus, dass die Goldrute Pflanzen in der Umgebung am Wachsen hindert. Während die Goldrute mittlerweile in Europa flächendeckend wächst, breiten sich andere Pflanzen erst im Zuge der Klimaveränderungen in Regionen aus, in denen sie bisher nicht anzutreffen waren.

„Wie werden aus Mauerblümchen Global Player?“ fragt Joshi in ihrer Vorlesung. Sie führt zahlreiche Beispiele an, wie Pflanzen und Tiere auf die neue Umgebung reagieren. Eine Raupe, die auf dem gelb leuchtenden Jakobskraut heranwächst, passte sich im Zuge der Wanderung der Pflanze von den Gebirgen Europas nach Argentinien auch ihrer neuen Umgebung an. Um weltweit Auskunft über die Verbreitung des Krautes zu erhalten, sponserte Joshi ihre Informanten auch schon einmal mit Schweizer Schokolade.

Die Professorin beschäftigt sich jedoch nicht nur mit den Raffinessen einzelner Pflanzen. Sie hat das gesamte Ökosystem der nördlichen Hemisphäre im Blick, dabei insbesondere die „Black-Box Boden“. „Über die Netzwerke im Boden und die Verbindungen der verschiedenen Pflanzen dort wissen wir bisher wenig,“ stellt sie fest. Sie vermutet, dass immergrüne Pflanzen in Nordeuropa aufgrund der Klimaveränderungen zunehmen werden. Im Zehnjahresabstand hat sie eine Wiese in der Schweiz untersucht: Auf den ersten Blick keine Veränderung. Genauere Untersuchungen ergaben jedoch, dass nach zehn Jahren weniger auf das Gebiet spezialisierte Pflanzen wuchsen, und mehr Pflanzen.

Prof. Joshi glaubt aber nicht, dass sich die Wachstumsgebiete durch den Klimawandel eins zu eins in höheren Breitengraden wiederfinden: „In den neuen Regionen fehlen die natürlichen Feinde, die Bedingungen sind ganz andere. Wie sich die Pflanzen dann ausbreiten wissen wir nicht genau.“ Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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