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Bald eine steile Karriere? Unternehmen aus der Region Potsdam warben bei der Jobinale im Waschhaus gestern um Nachwuchskräfte.

© Andreas Klaer

Von Eva Schmid: Investitionen in „Goldstaub“

Vierte Berufsmesse Jobinale im Waschhaus / 50 Aussteller bieten 240 Ausbildungs- und Arbeitsplätze an

Von Eva Schmid

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Der 15-jährige Kevin weiß genau, wonach er sucht: „Ich will Krankenpfleger werden und will noch in diesem Jahr eine Azubistelle finden.“ Bei einem Schulpraktikum hat dem Jungen aus Luckenwalde die Arbeit im Krankenhaus gut gefallen. „Am liebsten würde ich Kinderkrankenpfleger werden, aber da bilden wenige aus.“ Sebastian, sein Schulkamerad, weiß dagegen noch nicht so genau, was ihn beruflich interessiert, „vielleicht irgendwas mit Holz“.

Die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt könnte für die beiden eigentlich nicht besser sein: In Potsdam und der Region stehen 1792 Ausbildungs- und Arbeitsstellen für 1055 Bewerber zur Verfügung, das heißt, auf einen Bewerber entfallen statistisch fast zwei Arbeitsstellen. Vor fünf Jahren war das Gegenteil der Fall: viele Bewerber und wenige Stellen. Die günstige Lage für Jugendliche erklärt sich durch den demografischen Wandel, „die geburtenschwachen Jahrgänge der 90er Jahre verlassen jetzt die Schulen und die Studierneigung hat sich verbessert“, sagt Isabel Wolling, Sprecherin der Potsdamer Arbeitsagentur.

Um den Unternehmen die Suche nach dem dringend benötigten Nachwuchs zu vereinfachen, organisierten gestern die Jobcenter der Stadt Potsdam, Potsdam-Mittelmarks, Brandenburgs und die Arbeitsagentur in der Waschhaus-Arena in der Schiffbauergasse die in der Gegend bisher größte Berufs- und Ausbildungsmesse: die vierte Jobinale. An einer großen „Job-Spinne“ bot allein die Arbeitsagentur 140 Lehrstellen und 100 Jobs an. Über 50 Aussteller, darunter Firmen wie Bosch, Mercedes-Benz und Opel sowie Bundespolizei und Bundeswehr hatten weitere Lehrstellen im Gepäck. „Die Jugendlichen sind unser Goldstaub, wir müssen in sie investieren, daher haben wir so viele verschiedene und lukrative Angebote“, sagt Agenturchefin Edelgard Woythe bei der Eröffnung der Messe. Auch der Chef des Potsdamer Jobcenters, Frank Thomann, rühmt sich einer stetig sinkenden Arbeitslosenquote, „im Jugendbereich geben wir viel mehr Geld aus als im Erwachsenenbereich, wir wollen ja keine Hartz-IV-Karrieren fördern“.

Die 1800 jugendlichen Besucher sind zum Teil mit ihrer Klasse oder aber auch vom Jobcenter aufgefordert worden, sich bei der Jobinale zu informieren. Neben den klassischen Handwerksberufen wie Bäcker, Koch, Dachdecker, Installateur, Mechatroniker sind ebenfalls Berufe im Sozialbereich, wie Erzieher oder Physiotherapeut, und „Exotenfächer“, wie Softwareentwickler, im Angebot.

Einige Jugendliche sind mit dem Angebot der Aussteller dennoch nicht so ganz zufrieden. So suchen manche vergeblich einen Tischlereibetrieb zwischen all den großen Firmen, weil sie wie Sebastian aus Luckenwalde Spaß an der Holzverarbeitung haben. Und auch für die Gärtnerei-Azubis, die zusammen mit ihrer Lehrerin aus dem VHS-Bildungswerk in der Stadt Brandenburg gekommen sind, ist das Angebot eher enttäuschend. „Ich hab’ mir mehr erwartet, das meiste ist ja nur Gastronomie oder Zeitarbeit“, stöhnt ein Mädchen. Und einer ihrer jungen Kollegen fügt hinzu, „Zeitarbeitjobs sind nichts Halbes und nichts Ganzes – ich suche nach etwas Langfristigem“.

Im Gegensatz zur resignierten Stimmung der angehenden Gärtner sammelt der 24-jährige Mirco fleißig Informationsbroschüren an vielen Ständen. Für ihn steht fest, dass er „nimmt, was kommt“. Er wolle endlich eine Ausbildung haben. So spricht er mit einem Polizeioberkommissar, es geht um eine Karriere bei der Bundespolizei. „Du musst kerngesund sein und gute Noten in Deutsch, Englisch und Sport haben“, erfährt Mirco. Nach dem Gespräch kommt die Polizei für ihn dann doch nicht in Frage. „Ich mag die nicht so gerne“, sagt er und grinst.

Beim Thema gute Noten gestehen Mandy und Sandra, beide Anfang 20, dasselbe: „Wir hätten uns früher mehr anstrengen sollen, das wissen wir leider erst jetzt.“ Seit einem halben Jahr sucht Sandra nach einer Ausbildung, sehr gerne würde sie als Maurerin arbeiten. Allerdings fühlt sie sich dabei diskriminiert. „Da arbeiten nur Männer, die haben mir beim Vorstellungsgespräch nichts zugetraut.“

Hoffnungsvoll schaut hingegen die 17-jährige Olivia auf ihren Wunschberuf, ebenfalls in einer klassischen Männerdomäne: Sie will Feldwebel werden, das „ist ein angesehener Beruf und besser als das, was andere Mädchen machen wollen – etwa als Maniküre“. Die Bundeswehr wird sie angesichts der Armeereform zur Zeit bestimmt nicht ablehnen, ist sie sich sicher.

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