zum Hauptinhalt
Der Inwole-Verein wehrt sich. Jenny Borak, Holger Zschoge, Christian Theuerl und Katja Altenburg (v.l.n.r.) am Freitag.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Inwole droht Verfassungsschutz mit Klage

Potsdamer Verein sieht sich in Existenz bedroht und kritisiert Sicherheitsbehörde

Stand:

Nach den Vorwürfen des brandenburgischen Verfassungsschutzes gegen den Potsdamer Inwole-Verein ist das linksalternative Projekt in die Offensive gegangen. Bei einer Pressekonferenz am Freitag erhoben führende Mitglieder des Vereins zur Förderung innovativer Wohn- und Lebensformen (Inwole) ihrerseits heftige Vorwürfe gegen die Sicherheitsbehörde – und drohen mit rechtlichen Schritten. „Wir prüfen, ob wir auf Unterlassung klagen“, sagte Christian Theuerl, der Geschäftsführer von Inwole.

Der Verfassungsschutz hatte Inwole Mitte Dezember vorgeworfen, über seine Internetseite mit einem „kriegerischen“ Aufruf zur Teilnahme an gewaltsamen Auseinandersetzungen am UN-Klimagipfel in Kopenhagen zu werben. Unter anderem geht es um ein Straßenschlachten-Motiv und Internet-Links zu einer Organisation, die der Verfassungsschutz dem gewalttätigen Linksextremismus zuordnet. Alle kritisierten Inhalte hat Inwole von seiner Homepage gelöscht. Zudem sei die Einladung nach Kopenhagen nicht vom Verein verfasst, sondern von einer „unproblematischen“ Initiativgruppe Potsdamer Klimabündnis, wie es gestern in einer Erklärung hieß. Sowieso seien die „Behauptungen“ des Verfassungsschutzes „unverhältnismäßig“ für die „unverzichtbare“ Arbeit des Vereins, sagte Theuerl. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe prüft das Bundesfamilienministerium, welches das von Inwole betriebene Mehrgenerationenhaus in der Rudolf-Breitscheid-Straße pro Jahr mit 40 000 Euro unterstützt, die Zusammenarbeit.

Die Förderung des Vereins liegt deswegen derzeit auf Eis – und seine Mitglieder fürchten um ihre Existenz. „Die Vorwürfe lähmen unsere Arbeit“, sagte Katja Altenburg, die im Verein internationale Jugendaustausch-Projekte organisiert. Inzwischen habe der Inwole e.V. für die weitere Arbeit an seinen sozialen Projekten mit 10 000 Euro in Vorleistung gehen müssen. „Das ist ein großes Problem“, sagte Theuerl. Immer wieder betonte er auch die jahrelange „erfolgreiche“ Arbeit von Inwole. „Es ist das erste Mal, dass es solche Kritik gibt.“

Neben der Ratlosigkeit, wie es nun weitergehen soll, war bei der Pressekonferenz auch Zorn zu spüren. Mit Vokabeln wie „skandalös“, „unhaltbar“ oder „diffamierend“ wurde das Verhalten des Verfassungsschutzes beschrieben. Emotional äußerte sich Holger Zschoge, Koordinator im Verein und zugleich in Potsdam Sprecher eines linken Bündnisses. Schon zu DDR-Zeiten sei er oppositionell gewesen und habe deswegen auch Erfahrungen mit der Staatssicherheit gemacht. Es sei „ernüchternd“, so Zschoge, dass er nun mit Hilfe eines „Geheimdienstes“ wieder zur „Anpassung an die Staatsräson“ gedrängt werde. Zugleich finde er die Diskussion über Verlinkungen „makaber“ angesichts der unzureichenden Ergebnisse des Klimagipfels und deren Folgen für die Welt.

So fordert der Inwole e.V. vom Verfassungsschutz „Rehabilitierung“. Aus Vereinssicht habe die Behörde gegen gesetzliche Auflagen für ihre Arbeit verstoßen, sagte Theuerl – etwa gegen den Grundsatz, dass niemand einer Straftat bezichtigt werden dürfe, wenn es keine Strafanzeige gäbe. Verwiesen wurde zudem auf „einige“ Fälle, in denen der Verfassungsschutz nach einer Unterlassungsklage seine Berichte habe überarbeiten müssen.

Im für die Behörde zuständigen Innenministerium wurden die Drohungen gestern nicht kommentiert. Sprecher Ingo Decker sagte den PNN lediglich, der Inwole-Verein habe die Inhalte entfernt, die im Zusammenhang mit Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesehen werden können: „Damit ist dem Anliegen des Verfassungsschutzes entsprochen.“ Henri Kramer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })