Aus dem GERICHTSSAAL: Irreparable Hirnschäden durch Alkohol Verfahren eingestellt Bewährung für Pflegerin
Rainer R.* (45) hat am 12.
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Rainer R.* (45) hat am 12. Februar dieses Jahres „nur“ eine Flasche Schnaps für 4,49 Euro gestohlen. Trotzdem bekommt er einen Pflichtverteidiger. Der Potsdamer steht seit Jahren unter Betreuung, kann sich nach einem Autounfall mit anschließendem Koma sehr schwer artikulieren. Sein Zustand verschlechtert sich schleichend. So übernimmt es der Anwalt, für ihn zu reden.
Rainer R. trinkt viel, so viel, dass sein Gehirn bereits massive irreparable Schäden davongetragen hat. „Mein Mandant ist in seiner Kritik- und Einsichtsfähigkeit stark eingeschränkt“, führt der Verteidiger zu Prozessbeginn aus. Deshalb habe sich Rainer R. wohl auch keine Gedanken über die Folgen seines „Freundschaftsdienstes“ gemacht. „Er sagt, ein Mann habe ihn im Supermarkt angesprochen. Er sollte ihm eine Flasche Schnaps besorgen.“ Das habe Rainer R. dann auch getan, sei dabei prompt geschnappt worden.
Der Alkoholkranke verstieß nicht zum ersten Mal gegen Recht und Gesetz. Doch die Staatsanwaltschaft stellte in der Vergangenheit diverse Diebstahlsverfahren wegen Schuldunfähigkeit ein. „Vielleicht sollte man einmal ein endgültiges Gutachten erstellen lassen“, überlegt Amtsrichterin Monika Holk laut. Dann wisse man ein für allemal, ob Rainer R. für seine Taten verantwortlich ist oder nicht. Für dieses Mal kommt der Angeklagte erneut mit einem blauen Auge davon. Das Verfahren wird wegen geringer Schuld eingestellt, der Verteidiger aus der Staatskasse entschädigt.
Juliane J.* (29) entwendete am 2. April bei Hugendubel im Stern-Center 15 CDs und neun Bücher, wenig später Bekleidung im Gesamtwert von 275 Euro. Die Altenpflegerin trifft die ganze Härte des Gesetzes: Sechs Monate Freiheitsstrafe, die ausnahmsweise noch einmal zur Bewährung ausgesetzt werden. „Mir scheint, Sie haben ein Problem in dieser Beziehung“, konstatiert Amtsrichter Francois Eckardt. Die junge Mutter ist bereits achtmal wegen Diebstahls vorbestraft, aber auch wegen Hausfriedensbruchs, gemeinschaftlicher Nötigung und Beleidigung. Bis September 2008 steht sie unter Bewährung.
„Ich bin seit kurzem verheiratet. Wir erwarten ein gemeinsames Kind. Mein Mann bestärkt mich sehr, ehrlich zu sein“, beteuert Juliane J., wirft einen kurzen Blick zu ihrem im Zuschauersaal sitzenden Gatten. Der nickt. Den Richter freut es. Er gibt allerdings zu bedenken: „Noch so ein Ding, und Sie wandern unweigerlich für längere Zeit ins Gefängnis. Dann werden nämlich auch die Bewährungen widerrufen. Kleine Kinder kann man in den Strafvollzug mitnehmen, die größeren aber nicht.“
(*Namen von der Redaktion geändert.) Hoga
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