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Wölfe in Brandenburg: Ist in Potsdam der Wolf los?

Ein Wolf soll in Nattwerder ein Reh gerissen haben. Bestätigt ist das noch nicht, denkbar ist es aber. Es bleiben offene Fragen.

Von Katharina Wiechers

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Nattwerder - Gerade für die Bewohner der nördlichen Potsdamer Ortsteile dürfte die Nachricht ein Schock gewesen sein: Ein Wolf soll in dem kleinen Dörfchen Nattwerder an der Wublitz ein Reh gerissen haben. Bestätigt sich der Fall, wäre dies der erste nachgewiesene Wolf in der Landeshauptstadt überhaupt. Doch wie wahrscheinlich ist das? Und wie gefährlich kann das Tier den Menschen werden? Müssen die Bewohner von Golm, Eiche und Bornim nun Angst haben? Die PNN beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.

Handelte es sich wirklich um einen Wolf? 

Das ist offenbar nicht ganz klar. Beim Landesamt für Umwelt, das eigentlich für die Erfassung von Wölfen im Land zuständig ist, weiß man davon nur aus der Zeitung. „Hier kennt keiner den Fall“, so der Sprecher des Amtes, Thomas Frey. Gemeldet hatte ihn die Untere Jagdbehörde Potsdam vor rund drei Wochen, woraufhin die Untere Naturschutzbehörde der Stadt das tote Reh überprüfte und bestätigte, dass „es sich um einen Wolf gehandelt haben könnte“. Wie genau diese Überprüfung stattfand und ob es eine sogenannte Rissbegutachtung gab, war am Montag von der Verwaltung nicht zu erfahren. Eine solche sei aber nötig, um zum Beispiel festzustellen, ob das Reh von einem Wolf oder etwa einem Hund getötet wurde, so Jörg Lippert, ehrenamtlicher Wolfsbeauftragter im Land. Das ist etwa durch die Art der Bissverletzungen oder auch DNA-Untersuchungen zu klären. Möglicherweise wurde auf eine Begutachtung verzichtet, weil kein Nutztier gerissen wurde und so kein offizieller Schadensfall entstanden ist – etwa für einen Landwirt.

Gibt es überhaupt Wölfe in der Region?

Seit rund zehn Jahren gibt es wieder Wölfe in Brandenburg, die Zahl wächst. Innerhalb des Berliner Autobahnrings werden sie allerdings äußerst selten gesichtet – er ist eine Barriere für die Wildtiere. Allerdings ist die Autobahn an manchen Stellen durchlässig oder wird in den Nachtstunden bei weniger Verkehr überwunden. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass einzelnen Tieren die Passage über den Ring gelingt“, so Thomas Frey vom Landesamt für Umwelt. So könne es passieren, dass ein durchziehender Wolf oder ein Jungtier auf Reviersuche mal in einem Siedlungsgebiet lande. „Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit würde es ihm hier aber nicht gefallen“, so Frey. Wölfe bevorzugten ruhige Wälder, ehemalige Truppenübungsplätze oder ehemalige Bergbaugebiete – also Reviere möglichst weit vom Menschen entfernt. Dass sich dennoch hin und wieder ein Wolf auch innerhalb des Rings verirrt, zeigte ein Fall im November 2015. Damals lief ein Wolf auf der Glindower Platte zwischen Bliesendorf, Glindow und Plötzin in eine Fotofalle – es war der erste dokumentierte Fall vor den Toren Berlins. Ob es in Potsdam schon Wölfe gab, ist unter den Experten umstritten. Der Wolfsbeauftragte Lippert kennt keinen Fall, auch in der Stadtverwaltung weiß man davon nichts. Unbestätigten Gerüchten zufolge sollen aber südlich von Nattwerder und in Golm schon Wölfe gesehen worden sein.

Für wen sind Wölfe gefährlich?

Wölfe ernähren sich hierzulande vor allem von Rehen, Rotwild und Wildschweinen. Sie jagen und töten jene Tiere, die sie am leichtesten erreichen und überwältigen können – also alte, kranke, schwache und junge Tiere. Laut Broschüre des Landesumweltamtes muss ein Wolf pro Tag etwa 5,4 Kilogramm Beutetier töten, wovon er etwa vier Kilo verwerten kann – das entspricht etwa einem Reh alle vier Tage. Allerdings kommt es immer wieder zu Übergriffen auf Nutztiere – Wölfe reißen eben jene Tiere, die sie am leichtesten überwältigen können, wie zum Beispiel Schafe. Erst vergangene Woche wurden 30 Schafe in Kummersdorf (Teltow-Fläming) gerissen. Menschen gehören eindeutig nicht zum Beutespektrum des Wolfes, sie werden von dem Wildtier gemieden. Dennoch kann es passieren, dass sie sich bewohnten Gebieten nähern, wie etwa vergangenen Dezember in Rathenow. Dort soll ein Wolf sogar auf dem Gelände einer Kita gesehen worden sein. Er wurde, weil er sich so untypisch verhielt, als „Problemwolf“ eingestuft und zum Abschuss freigegeben. Allerdings blieb das Tier, das wahrscheinlich als Welpe von Menschen angefüttert wurde und deshalb seine Scheu verloren hat, seitdem verschwunden.

Wie kann man sich schützen?

Sollte sich ein Wolf doch einmal einem Menschen nähern – etwa weil er sich für ein Schaf in der Nähe interessiert –, empfiehlt das Umweltamt, ihn laut anzusprechen und mit den Armen zu winken, um die eigene Präsenz zu betonen. Um Nutztiere wie Schafe zu schützen, haben sich vor allem Elektrozäune bewährt. Diese sollten nicht nur hoch genug und straff gespannt sein, sondern auch gut am Boden abschließen – schließlich versuchen Wölfe meist, unten durchzuschlüpfen.

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