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Landeshauptstadt: Ja zum Etat – gegen die Linke

Stadtparlament hat Potsdamer Haushalt im zweiten Anlauf beschlossen / Kein kostenloses Schulessen

Stand:

Die Landeshauptstadt hat einen beschlossenen Haushalt: Das Stadtparlament hat gestern im zweiten Anlauf den Etat für 2008 verabschiedet – gegen die Stimmen der Linken. Die Fraktion unter Führung von Hans-Jürgen Scharfenberg enthielt sich wie angekündigt bei der Abstimmung. Zuvor war die Forderung der Linken nach einem kostenlosen Schulessen für alle Grundschüler aus Hartz-IV-Familien zum dritten Mal abgelehnt worden. Stattdessen wird das Schulessen für alle bedürftigen Schüler ab dem neuen SchulJahr für einen statt zwei Euro ausgegeben. Diese Regelung wird von Beginn an wissenschaftlich begleitet.

Nach dem politischen Eklat vor zwei Wochen, als die Stadtverordneten den Haushalt ablehnten, sicherte gestern eine Koalition aus SPD, CDU, Grünen, Familienpartei und Bürgerbündnis die mehrheitliche Zustimmung zum 404 Millionen Euro umfassenden, erstmals seit 1995 ausgeglichenen Etat. Die Fraktionen Die Linke und Die Andere konnten sich mit ihren Forderungen meist nicht durchsetzen. Dies hatten sie im ersten Anlauf vor zwei Wochen noch geschafft und unter anderem zehn neue Schulsozialarbeiter-Stellen beschlossen. Wegen der Zusatzausgaben hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) das Stadtparlament aufgerufen, den Etat abzulehnen.

Jetzt habe Jakobs sich eine Haushaltskoalition gegen die Linke zusammengekauft, kritisierte gestern Linke-Fraktionschef Scharfenberg. Ergebnis sei ein Etat „ohne strategischen Ansatz – nur das kostenlose Schulessen durfte es nicht sein“. Die Forderung der Linken sei nie ernsthaft diskutiert worden, stattdessen habe Jakobs daraus eine „Kraftprobe“ gemacht, sich in der Argumentation gegen das kostenlose Essen „regelrecht einbetoniert“. Weil die Stadt bis zu vier Millionen Euro mehr Einkommenssteuer einnehme, wäre das kostenlose Essen auch bezahlbar gewesen, so Scharfenberg.

Dem widersprachen Finanzbeigeordneter Burkhard Exner (SPD) und SPD-Fraktionschef Mike Schubert. Angesichts von 104 Millionen Euro Altschulden und jährlich 6,3 Millionen Euro Zinsen sei es ein falscher Weg, die erhöhten Steuereinnahmen gleich wieder auszugeben, so Schubert. Exner rechnete vor, dass das kostenlose Essen samt Härtefallfonds im Haushaltsplan bis 2011 insgesamt 715 000 Euro kosten würden – die beschlossenen Zusatzausgaben der Haushaltskoalition aber nur 215 000 Euro. Trotz mehr Steuereinnahmen stünden dieses Jahr höchstens 50 000 Euro mehr und bis 2011 je 100 000 Euro mehr als bisher geplant zur Verfügung. Er habe bereits 25,9 Millionen Euro als Einnahmen aus der Einkommensteuer eingeplant.

CDU-Fraktionschef Michael Schröder sagte, Grund für die Ablehnung des kostenlosen Essens sei nicht das Geld – es gehe um Sozialpolitik. „Sie sagen, der Staat muss für alles die Verantwortung übernehmen“, so Schröder zu Scharfenberg. Das sehe die Haushaltskoalition anders. Eltern sollten verantwortlich bleiben. Oberbürgermeister Jakobs, ehemals Potsdams Sozialbeigeordneter, lehnte das kostenlose Essen ab, weil „man gute Sozialpolitik nicht nur fiskalisch betreiben kann“. Man müsse auch „andere Instrumente einsetzen“. Schubert sagte, die Linke habe sich mit ihren Enthaltungen zum Haushalt der „Verantwortung entzogen“.

Möglich wurde die neue Haushaltskoalition vor allem durch ein Umschwenken des fünfköpfigen Bürgerbündnis (PNN berichteten). Die Fraktion von Ute Bankwitz hatte vor zwei Wochen noch mit der Linken gestimmt. Man wolle aber nicht durch einen blockierten Haushalt Investitionen in der Stadt verhindern, so Bankwitz. Die Fraktion setzte 60 000 Euro für das Exploratorium und 5000 Euro für ein Bürgerhaus in Potsdam-West durch. Zudem hat die Stadt die Zahl der neuen Schulsozialarbeiter-Stellen von drei auf fünf erhöht.

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