Landeshauptstadt: Jägerzaun für Affengang
Förderschüler lernen in der Schlösserstiftung und sind für sie gleichzeitig wertvolle Helfer
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Brandenburger Vorstadt - Hammerschläge schallen über den Schirrhof an der Lennéstraße. Nico und zwei seiner Kameraden nageln einen Staketenzaun zusammen, der am Kuhtor genannten Eingang in den Park Sanssouci aufgestellt werden soll. Die drei Neuntklässler lernen in der Allgemeinen Förderschule Potsdam. Jeden Mittwoch tauschen sie die Schulbank mit dem Handwerkerhof der Stiftung Preußische Schösser und Gärten, um an der frischer Luft zu arbeiten. „Praxislernen“ nennt sich dieses Unterrichtsfach, in dem den 14- bis 16-Jährigen handwerkliche Fertigkeiten vermittelt werden.
Dafür ist es schwierig, Ausbildungspartner zu finden, sagt Anni Linke-Jankowski, die Leiterin der Förderschule. Deshalb sei sie der Schlösserstiftung dankbar, dass sie seit zwei Jahren jeweils etwa 20 Schülern das „Praxislernen“ ermöglicht. Als jetzt die Inselschule und die Schule „Bruno Rehdorf“ zusammengelegt wurden, habe sie sogar die Ausbildung der hinzu gekommenen Eleven ermöglicht. Auch auf die siebenten Klassen solle die Zusammenarbeit ausgedehnt werden. Der stellvertretende Schirrhofchef Enrico Lange möchte davon nicht soviel Aufhebens machen. „Wir öffnen den Schülern nicht nur den Blick in die reale Arbeitswelt und bilden sie aus“, meint er, „sondern sie geben der Stiftung durch ihre Arbeit ja auch etwas zurück. Was glauben Sie, wie viel Zäune rings um den Park zu reparieren oder zu erneuern sind!“ Beispielsweise am neuen Jägerzaun hinter der Eingangspforte Affengang an der Lennéstraße: Auch er wurde von den Förderschülern gebaut, und „die Jungs werden fuchsteufelswild, wenn sie Gleichaltrige beim Beschädigen oder Beschmieren ihres Werks ertappen“. Eine andere Aufgabe ist derzeit das Herrichten und Anstreichen der Schaltafeln, mit denen in den nächsten Tagen wieder die kostbaren Skulpturen des Parks zum Schutz vor der winterlichen Witterung eingehaust werden. Auch Kabelgräben heben die Schüler aus.
Als kostenlose Arbeitskräfte fühlen sich Nico und seine Kameraden nicht missbraucht, versuchen vielmehr den gestandenen Schirrhof-Handwerkern nachzueifern. „Dieser Einblick ins Arbeitsleben ist ganz wichtig für den späteren, für Förderschüler nicht leichten Übergang ins Berufsleben“, erklären die Klassenlehrer und Betreuer Bernd Pahnke, der an der Konzipierung des Fachs „Praxislernen“ mitgewirkt hat, und Angelika Seifert, die die Schlösserstiftung als Ausbildungsstätte gewann. Und Enrico Lange fügt hinzu, dass die Anlernlinge ein Potenzial zur Gewinnung von Maurer- und Tischler-Azubis für den Schirrhof darstellen.
Fast wird man an die in der DDR-Zeit üblichen Patenklassen erinnert, wenn man erfährt, dass sich die Verbindung zwischen Stiftung und Schule keineswegs aufs Nägeleinschlagen beschränkt. Jeder neuen Klasse wird zunächst auf einem Rundgang die kulturhistorische Bedeutung des Gartendenkmals Sanssouci bewusst gemacht. Kustodin Saskia Hüneke erläutert die auf dem Gelände gelagerten Skulpturenfragmente des Stadtschlosses. Bei Schulfeiern sind Schirrhof-Handwerker vertreten. Und der Schulabschluss wird auch in Sanssouci gefeiert: Im letzten Jahr bildete dafür das Aussichtsgeschoss der Orangerie die stimmungsvolle Kulisse Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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