Potsdam: Affäre um Vertrauliches aus einer Geheimsitzung: Jakobs ließ Protokoll weitergeben
Potsdam - Die Affäre um heimlich weitergereichte vertrauliche Informationen aus der Stadtpolitik klärt sich Stück für Stück auf. Die umstrittene Weitergabe eines Wortprotokolls aus einem nicht öffentlichen Sitzungsteil der Stadtverordneten hat der Bereich Beteiligungsmanagement im Rathaus auf Geheiß von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) veranlasst – ohne die Stadtverordneten zu informieren.
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Potsdam - Die Affäre um heimlich weitergereichte vertrauliche Informationen aus der Stadtpolitik klärt sich Stück für Stück auf. Die umstrittene Weitergabe eines Wortprotokolls aus einem nicht öffentlichen Sitzungsteil der Stadtverordneten hat der Bereich Beteiligungsmanagement im Rathaus auf Geheiß von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) veranlasst – ohne die Stadtverordneten zu informieren. Das bestätigte der Leiter des städtischen Rechnungsprüfungsamts, Christian Erdmann, am Mittwoch den Stadtverordneten im Hauptausschuss. Jakobs habe dabei als Gesellschafter für die kommunale Bauholding Pro Potsdam gehandelt.
Es geht wie berichtet um eine Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den früheren Grünen-Stadtverordneten Andreas Menzel, ebenso ehemaliges Aufsichtsratsmitglied der Pro Potsdam. Dieser hatte im April vor einem Jahr im nicht öffentlichen Teil der Stadtverordnetenversammlung ein geplantes Grundstücksgeschäft der Pro Potsdam angesprochen. Aus Sicht des städtischen Konzerns hat Menzel damit die Geheimhaltungspflicht verletzt – der Konzern stellte Strafanzeige. Der Fall liegt inzwischen beim Amtsgericht, weil die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Menzel erhoben hat. Teil der Anzeige war auch ein ausführliches Wortprotokoll mit den Aussagen Menzels. Im Hauptausschuss verteidigte Kämmerer Burkhard Exner das Vorgehen von Jakobs, der Pro Potsdam die Protokolle zur Verfügung stellen zu lassen – es sei die Pflicht von Behörden, bei Straftaten Beweismittel sicherzustellen. Zudem hätten die Interessen des Unternehmens geschützt werden müssen. Jakobs selbst weilt derzeit im Urlaub.
Wurde die Vertraulichkeit des Wortes verletzt?
Prüfer Erdmann sagte auch, nach der fraglichen Sitzung habe es eine Bitte der Pro Potsdam gegeben, das Protokoll zu übersenden. Dies wurde getan – ohne Rücksprache mit etwa dem damaligen Vorsitzenden des Stadtparlaments, Peter Schüler (Grüne). Diesen Umstand bestätigte Schüler den PNN auf Anfrage. Der heutige Grünen-Fraktionschef Schüler ist auch Jurist: Aus seiner Sicht sei allerdings rechtlich derzeit für ihn noch unklar, ob mit dem Vorgehen gegen Datenschutzgesetze verstoßen wurde oder der Straftatbestand der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes erfüllt sei.
Die Staatsanwaltschaft jedenfalls hatte Ermittlungen zur Weitergabe des Protokolls eingestellt, Menzels Anwalt legte dagegen Beschwerde ein. Zum Thema Datenschutz gibt es zumindest Bewertungen aus anderen Bundesländern: So beurteilt zum Beispiel der bayrische Datenschutzbeauftragte in einem Tätigkeitsbericht von 2012, dass die Herausgabe der Niederschriften über nicht öffentliche Sitzungen von Gemeinderatsmitgliedern „aus Gründen der Gewährleistung der Geheimhaltung und des Datenschutzes“ grundsätzlich nicht in Betracht komme.
Im Hauptausschuss machten wiederum mehrere Stadtverordnete quer durch die Fraktionen deutlich, dass sie das Vorgehen – ohne Rücksprache mit den Stadtverordneten oder zumindest dem Ältestenrat des Gremiums– zumindest für unglücklich halten. Lutz Boede von der Fraktion Die Andere, die den Fall öffentlich machte, sprach gar von einem rechtswidrigen Vorgehen. Eine von den Stadtverordneten einberufene Kommission soll nun bis spätestens September klären, wie das Ganze rechtlich zu bewerten ist.
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