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Von Sabine Schicketanz: Jakobs: Schadensbegrenzung wird kosten

Fall Glienicker Horn: Stadtparlament soll jetzt über Bebauung entscheiden / Landesdenkmalamt soll Mediation abgelehnt haben

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Berliner Vorstadt - Potsdams Stadtparlament soll entscheiden, ob das Glienicker Horn weiter bebaut wird. Das kündigte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern vor den Stadtverordneten an. „Es wird eine politische Entscheidung sein“, sagte er. Nachdem das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) das Bauverbot der Stadt für vier Grundstücke auf der Landzunge vis a vis dem Park Babelsberg aufgehoben hat, gehe es nun darum, den „Schaden zu begrenzen“, so Jakobs. Mit der Unesco sei die Stadt im Gespräch, es gebe einen „heißen Draht“. Die deutsche Unesco-Kommission hatte bereits angekündigt, den Fall zu prüfen.

Gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt, der Schlösserstiftung und dem brandenburgischen Kulturministerium versuche die Stadt, einen Ausweg zu finden. Dieser werde jedoch nicht „zum Nulltarif“ zu haben sein. Indirekt spielte Jakobs damit auf die möglichen Szenarien Entschädigungen für die Grundstückseigentümer, den Kauf der Grundstücke durch die Stadt oder gar Enteignungen an. Der Oberbürgermeister betonte, durch die Fehler in der Bauplanung 1995 sei bereits auf „95 Prozent des Glienicker Horns ein irreversibler Schaden“ entstanden. Nun müsse die Stadtpolitik entscheiden, welche Bedeutung „die restlichen fünf Prozent haben und was sie uns wert sind“. Die Entscheidung müsse möglichst schnell fallen, weil die Grundstückseigentümer – zwei Commerzbank-Tochterfirmen und ein ehemaliger Bankier – Bauanträge gestellt haben. Diese müsse die Stadt entscheiden, dann „gibt es keine Möglichkeit mehr, zu intervenieren“. Die Linke-Stadtverordnete Anita Tack, auch Umweltministerin des Landes, sprach sich gestern bereits gegen eine Bebauung aus. Potsdam müsse andere Lösungen finden.

Auf die angekündigten Schadenersatzforderungen der Grundstückseigentümer in Höhe von mindestens 300 000 Euro wegen des Bauverbots ging Jakobs nicht ein. Die Verantwortung dafür, dass es vor der juristischen Auseinandersetzung mit den Grundstückseigentümern keine Kompromisslösung gegeben hat, schrieb Jakobs dem Landesamt für Denkmalpflege unter Leitung von Detlef Karg zu. Das Landesamt habe ein vom Verwaltungsgericht vorgeschlagenes Mediationsverfahren abgelehnt, sagte Jakobs – ohne die obersten Denkmalschützer des Landes hätten Verhandlungen jedoch keinen Sinn gemacht. Jakobs widersprach damit Äußerungen Kargs. Dieser hatte auf PNN-Anfrage bedauert, dass es keine außergerichtliche Lösung gegeben habe. Die Grundstückseigentümer hatten der Stadt mangelnde Gesprächsbereitschaft vorgeworfen.

Das Glienicker Horn war Mitte der 1990er Jahre mit Villen bebaut worden, die weithin als Bausünde gelten. Die Neubauten nahe des Welterbes hatten damals die Unesco alarmiert. Sie hatte Potsdam mit der Roten Liste für gefährdetes Welterbe gedroht. Als Kompromiss war auf die Bebauung der vier direkt am Tiefen See gelegenen Grundstücke verzichtet worden. Die Stadt hatte es jedoch versäumt, das Baurecht in Einvernehmen mit den Grundstückseigentümern zu streichen. Dies wurde klar, als ein ehemaliger Bankier vor fünf Jahren eines der Grundstücke erwarb und dort seinen Altersruhesitz errichten wollte. Die Stadt verhängte per Beschluss der Stadtverordneten zunächst eine Veränderungssperre, dann wurde der Bebauungsplan verändert: Die Baugrundstücke wurden zu privater Grünfläche erklärt. Damit habe die Stadt die Grundstücke entwertet und den „Schutz des Privateigentums“ nicht ordnungsgemäß berücksichtigt, begründete das Gericht.

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