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Entbehrlich. Mitglieder der Potsdamer SVV-Fraktion „Die Anderen“ markieren Bäume am Bassinplatz, die nach neuer Satzung nicht mehr geschützt sind. Rechts ist Geschäftsführer Lutz Boede zu sehen, links die Fraktionsvorsitzende Christine Anlauff.

© Andreas Klaer

Baumschutzverordnung in Potsdam: Jede Menge Holz

Gegen die neue Baumschutzverordnung regt sich Widerstand. Und es gibt Aufrufe zu Gegenaktionen.

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Prüfend legt Lutz Boede die grüne Banderole um einen Baumstamm: „Der hat weniger als 60 Zentimeter Umfang“, stellt der Geschäftsführer der Fraktion „Die Andere“ fest und wickelt das Papierband mit der Aufschrift „Ich kann einfach weg!“ um den Stamm. Auf der Banderole ist ein Zentimetermaß aufgedruckt, das bis 60 Zentimeter reicht. Mit der Aktion, die die Wählergruppe am Freitag am Bassinplatz durchführte, wollen die Oppositionspolitiker auf die geplante neue Potsdamer Baumschutzverordnung aufmerksam machen, die seit Monaten von Umweltschützern und Naturschutzverbänden kritisiert wird (PNN berichteten).

Parallel zu dem Gegenwind beginnt die gesetzlich vorgeschriebene öffentliche Auslegung der umstrittenen Verordnung, die ab jetzt öffentlich einsehbar ist – im Internet unter www.potsdam.de/baumschutz. Am nächsten Mittwoch um 17 Uhr wird es dazu eine öffentliche Info-Veranstaltung im Stadthaus geben. Bis zum 17. Mai können Bürger nun Einwände vorbringen, damit die Verordnung vielleicht doch noch geändert wird.

Kritische Punkte gibt es viele: Bislang dürfen nur Bäume mit einem Stammumfang von weniger als 30 Zentimetern ohne Genehmigung gefällt werden, mit der Neuregelung wären nur noch Bäume ab 60 Zentimetern Umfang geschützt. Ebenfalls ohne Genehmigung gefällt werden dürften dann auch Bäume, die in öffentlichen Parkanlagen oder auf Friedhöfen stehen sowie Bäume, die weniger als drei Meter von einem Wohngebäude entfernt stehen – egal welchem Umfang sie haben und ohne die Pflicht zu einer Ersatzpflanzung.

Auch der Naturschutzbund BUND läuft gegen diese Pläne Sturm: „Dies steht im Widerspruch zu den Klimaschutzzielen der Stadt Potsdam, die eine Erhöhung des Grünvolumens beinhalten“, sagte Jan Wendt, Chef des BUND-Kreisverbandes und ebenfalls bei Die Andere aktiv. Auf der Internetseite des BUND Brandenburg findet man einen vorformulierten Einwand gegen die Verordnung, den man nur noch unterschreiben und anschließend per Mail an die Stadt schicken muss. Bei Bedarf kann der Text individuell ergänzt werden. „Potsdam zeichnet sich dadurch aus, dass es so viel Grün hat, darum ziehen Menschen hierher“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Axel Kruschat. Ebenfalls eine Muster-Einwendung erarbeiten gerade die Potsdamer Grünen, wie ihr Kreischef Nils Naber auf Anfrage sagte. Schon gegen den Vorbeschluss der Stadtverordneten für die neue Satzung hatten Grüne und Andere gemeinsam opponiert.

Die Andere jedenfalls befürchtet, dass durch die Neuregelung rund die Hälfte aller bislang geschützten Bäume ihren Schutzstatus verlieren. „Ich wohne in Potsdam-West, durch die neue Verordnung könnte man praktisch die halbe Westkurve entlauben“, so Fraktionschefin Christine Anlauff. Wie viele Bäume genau betroffen wären, ist unbekannt, allein am Bassinplatz markierten die Politiker jedoch ein gutes Dutzend Bäume, die nicht mehr geschützt wären. Dabei gehe der Stadt auch Geld durch die neue Verordnung verloren, sagte Boede. „Denn wenn ein Eigentümer einen Baum fällt, ohne für Ersatz zu sorgen, kann dafür eine Ausgleichszahlung gefordert werden.“ Befürworter von CDU und SPD argumentieren hingegen, dass durch die Verordnung Bürokratie abgebaut werde.

Die Andere und der BUND hoffen, dass viele Potsdamer ihre Einwände gegen die Baumschutzverordnung einsenden, egal ob per Post oder E-Mail. „Und jeder kann mal durch seinen Stadtteil gehen und schauen, welche Bäume davon betroffen wären“, sagt Boede. Die Andere hat 3000 Stück der 60-Zentimeter-Banderolen produzieren lassen und will diese in der Stadt verteilen. Boede: „Ich bringe sie auch gerne vorbei.“ (mit Henri Kramer)

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