SCHULESSEN IN POTSDAM: Jeder Dritte isst woanders Jedem Vierten schmeckt es nicht
„Monitoring“ zum Ein-Euro-Essen: Schüler kritisieren Qualität und Speiseräume / 713 Ein-Euro-Esser
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Etwa jeder dritte Potsdamer Schüler nimmt nicht an der Schulspeisung teil: Von den insgesamt 14 990 Schülern an 49 Potsdamer Schulen essen täglich 9362 in der Schule. An den 35 öffentlichen Schulen sind es 5078 Schüler, im Hort essen 2401 Schüler, an den 14 Schulen von freien Trägern essen 1883 Schüler Mittag. Das von der Stadt finanziell gestützte Ein-Euro-Essen für sozial Schwächere nehmen momentan 713 Schüler in Anspruch – fast 400 davon an Grundschulen. Überraschend: Auf Platz vier bei der Anzahl der Ein-Euro-Essen liegt die Freie Waldorfschule. Potsdamweit essen außerdem 23 Schüler nach der Härtefall-Regelung kostenlos. Weitere 85 Schüler der Grundschule im Priesterweg nehmen am kostenlosen Essensangebot der „Arche“ teil. Das spendenfinanzierte Projekt startete im Herbst 2008. jaha
Jeder vierte Schüler in Potsdam ist mit dem Schulessen unzufrieden: Von 2469 befragten Schülern kreuzten 493 die Aussage „Das Essen schmeckt nicht“ an. Die Schüler wünschen sich außerdem größere Essensräume und mehr Personal. Das ergab eine von der Stadt in Auftrag gegebene Umfrage des Potsdamer Bezirksverbandes der Arbeiterwohlfahrt (Awo), die die Awo-Bezirkschefin Angela Basekow gestern gemeinsam mit Josefine Ewers, der Fachbereichsleiterin Schule und Sport, vor Journalisten vorstellte.
Es handelt sich dabei um den ersten Teil des „Monitorings“, das Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) nach der Einführung des bezuschussten Schulessens in Auftrag gegeben hatte. Dabei soll das Sozial-Angebot des Ein-Euro-Essens, das die Stadt seit diesem Schuljahr anbietet, mit Untersuchungen zu seiner Wirksamkeit begleitet werden.
Die gestern vorgestellte Umfrage gibt darüber allerdings keinen Aufschluss. Die von den Schülern bemängelte Qualität könne durch Gespräche mit dem Caterer oder einen Anbieter-Wechsel verbessert werden, sagte Ewers. Dabei sei die Initiative der Schulkonferenzen gefragt.
Mit einer Beteiligung von 16,47 Prozent aller Potsdamer Schüler sei die Umfrage allerdings „nicht wirklich repräsentativ“, räumte die Fachbereichsleiterin ein. Eine zweite Umfrage werde derzeit ausgewertet, sagte Angela Basekow. Zudem sei Anfang Mai eine „Expertenbefragung“ in zwei Schulklassen geplant. Dabei sollen Mitarbeiter der Stiftung Sozialpädagogisches Institut Berlin, die wie die Awo für das Monitoring bezahlt wird, die Schüler direkt befragen, erklärte Angela Basekow. Die Endergebnisse sollen „vor der Sommerpause“ vorliegen.
Die Eckdaten kennt die Verwaltung indes bereits jetzt: Von insgesamt 14990 Schülern der 49 Potsdamer Schulen nehmen laut Ewers aktuell 9362 Schüler am Schulessen teil. 713 Schüler, also knapp fünf Prozent aller Schüler, essen zum ermäßigten Preis von einem Euro: Mit fast 400 Schülern sind davon zumeist Grundschüler betroffen, die Schwerpunkte liegen erwartungsgemäß in den Plattenbaugebieten. Überraschend: Die schulgeldpflichtige Freie Waldorfschule Potsdam kommt mit 36 Ein-Euro-Essern im Potsdamvergleich auf Platz vier.
Insgesamt 23 Schüler gelten derzeit als soziale „Härtefälle“ und essen kostenlos. Diese Lösung sei nur übergangsweise möglich, erklärte Josefine Ewers und verwies auf familiäre Extremsituationen wie der plötzliche Tod der Oma, die bisher für das Mittagessen gesorgt hat. Würden sich die Probleme nicht lösen, werde das Jugendamt eingeschaltet und geprüft, ob die Jugendhilfe oder die Awo eingreifen kann: „Ein Härtefall kann nicht Jahre dauern“, sagte Ewers.
Wie sich die aktuellen Preiserhöhungen beim Schulessen auf die Teilnahmezahlen auswirken, sei noch unklar, sagte Josefine Ewers. Die Preiserhöhungen auf durchschnittlich 2,20 Euro pro Essen waren Anfang des Jahres wegen einer geänderten Besteuerungspraxis notwendig geworden. Die Verteuerungen könnten erst nach einer Änderung des EU-Rechts rückgängig gemacht werden. „Es gibt momentan keine abschließende Regelung“, sagte Josefine Ewers. Jana Haase
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