Von Henri Kramer: Jobs mit Zukunft Alle Kitas noch vor 2018 saniert
Die Awo-Akademie in der Breiten Straße bildet seit drei Jahren Altenpfleger und Erzieher aus / Programm für Männer an Kitas geplant Bauarbeiten zumeist bei laufendem Betrieb / Zu wenig Tagespflegekräfte / Stadt kontrolliert Kita-Träger
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Innenstadt - Normalerweise steht sie am Pflegebett, gestern lag sie drin. Anja Steffen, angehende Altenpflegerin, spielte beim „Tag der offenen Tür“ an der Awo-Akademie Potsdam am Freitag das Demonstrationsobjekt: Gewindelt und in Unterwäsche lag die 26-Jährige im Bett und ließ sich waschen. Steffen Arndt, bereits im zweiten Ausbildungsjahr, erklärte, worauf es dabei ankommt: Neben der richtigen Reihenfolge der Waschung – vom Kopf über Arme, Rumpf und Beine hin zu den Füßen – achtet er auch auf Details: Wie sieht der Hautzustand aus, gibt es Rötungen oder Verletzungen? In welchem Zustand befindet sich der Patient – ist eine beruhigende oder eine belebende Wäsche angemessen?
An vielen Praxisbeispielen konnten sich die Besucher der Awo-Akademie in der Breiten Straße gestern ein Bild vom Lernalltag machen: Neben der Ausbildung zum Altenpfleger bietet die vor drei Jahren entstandene Schule der Arbeiterwohlfahrt auch die Ausbildung zum Erzieher und Fortbildungen an. Knapp 100 Schüler besuchen die Einrichtung, sagt Akademie-Leiterin Nicola Klusemann.
Praxisorientierung wird bei den jeweils dreijährigen Ausbildungen groß geschrieben: Altenpfleger wechseln im Vierwochentakt zwischen der Theorie im Klassenzimmer und dem Arbeitsalltag in der Pflege, bei den Erziehern machen Praktika ein Drittel der Lehrzeit aus.
Nachwuchssorgen hat die Akademie-Leiterin trotz der sinkenden Schülerzahlen nicht: So hätten sich etwa 2010 auf 22 Plätze bei der Erzieherausbildung 120 Interessenten beworben. Auch für das neue Ausbildungsjahr, das Mitte August startet, gebe es schon Bewerber. „Leider bisher nur Frauen“, sagt Klusemann.
Genau an diesem Problem setzt ein neues Angebot der Awo-Akademie an: Geplant ist eine tätigkeitsbegleitende Weiterbildung zum Kita-Erzieher, in Anknüpfung an das mittlerweile ausgelaufene Landesprogramm „Männer in Kitas“, mit dem langzeitarbeitslose Männer für die Arbeit in Kitas gewonnen werden sollten. „Wir warten derzeit auf die Genehmigung vom Bildungsministerium“, erklärt Klusemann.
Die 16-jährige Sophie Schneider aus Jüterbog fühlte sich nach ihrem Besuch bei der Awo-Akademie gestern in ihrem Berufswunsch jedenfalls bestärkt, sie will Altenpflegerin werden. Das habe sie bereits bei einem Praktikum gemerkt. „Die Arbeit mit Menschen ist mir wichtig“, sagt sie. Und Anja Steffen nennt ein weiteres Argument für die Altenpflege: „Das ist ein Job mit Zukunft.“ jaha
Noch vor dem Jahr 2018, also früher als bisher geplant, sollen alle Kitas in Potsdam saniert sein. Das sagte Bernd Richter, Chef des Kommunalen Immobilienservice (KIS), der die Gebäude der Stadt verwaltet, am Donnerstagabend im Jugendhilfeausschuss. Möglich sei das, weil beispielsweise die Potsdamer Arbeiterwohlfahrt (Awo) ihre Kita „Pfiffikus“ in der Pietschkerstraße ganz übernehmen, aber auch selbst für 2,5 Millionen Euro sanieren wolle. Über ein ähnliches Modell für eine weitere Awo-Kita werde gesprochen. „Das entlastet uns“, sagte Richter.
Doch im Zuge der Sanierungen müssen zumindest Kinder und Erzieher in den Kitas vielfach mit Unannehmlichkeiten rechnen. Denn wie Richter ausführte, werde die Mehrzahl der Einrichtungen bei laufendem Betrieb umgebaut und erneuert. „Wir sind nicht glücklich mit dieser Situation“, sagte Richter. Doch mangele es an weiteren Einrichtungen, um Übergangsquartiere zu schaffen. Diese Erklärung stellte die Ausschussmitglieder nur bedingt zufrieden. So kritisierte Jana Schulze (Linke), mit der jetzigen Sanierungsplanung würden beispielsweise in Drewitz zugleich die dortige Schule, der Hort und eine Kita saniert. Richter entgegnete, die Reihenfolge sei fest: Angesichts bestehender Brandschutzmängel seien einige Einrichtungen sowieso schon „im Fokus der Bauaufsicht“, eine Verzögerung bei der Sanierung daher nicht möglich. Außerdem könne der KIS nicht auch noch ein „Logistikbüro“ betreiben für alle Kitas mit „ihren jeweiligen Kinderschaften und Problemlagen“.
Auch an anderer Stelle gibt es beim Thema Kinderbetreuung noch Schwierigkeiten. So fehle es zunehmend an Personal für die Tagespflege, sagte Jugendamtschef Norbert Schweers. Eigentlich habe die Stadt 600 solche Betreuungsstellen schaffen wollen – aktuell seien es nur 250. Einige Tagespflege-Mütter hätten auch wieder aufgehört. „Hier müssen wir die Rahmenbedingungen verbessern“, so Schweers. Derzeit hoffe er zumindest auf 30 Tagespflegekräfte mehr pro Jahr.
Zugleich müssen sich die Potsdamer Kita-Träger im kommenden Jahr in ihre Bücher schauen lassen. Wie Schweers ankündigte, werde – einer Empfehlung aus dem Haushaltssicherungskonzept folgend – die „vorschriftsmäßige Einziehungspraxis von Elternbeiträgen“ kontrolliert. Die externe Tiefenprüfung dafür sei derzeit in Vorbereitung. Es gehe darum, ob die Träger regelmäßig das Einkommen der Eltern abfragen, von dem wiederum die Kita-Kosten abhängig sind.
Zuletzt dominierte das Kita-Thema auch die Ausschuss-Beratungen zum Haushalt für den Jugend- und Familienbereich mit geplanten Ausgaben von 70 Millionen Euro. Dieser Entwurf wurde nur unter Vorbehalt gebilligt. Grund: Für die laufenden Haushaltsberatungen hatte der Jugendhilfeausschuss rund 550 000 Euro zusätzlich gefordert, so für mehr Qualität in Kindertagesstätten und weitere Projekte. Doch bislang sei im Entwurf für die städtischen Finanzen nur die gewünschte Förderung für das Kinderzirkus-Projekt „Montelino“ im Volkspark am Bornstedter Feld enthalten sowie ein Teil der nötigen Summe für eine bessere Eingewöhnungszeit für Kinder in Kitas, bemängelten die Ausschussmitglieder. Thomas Liebe vom Treffpunkt Fahrland konstatierte in dem Zusammenhang ein „gewisses Maß Sturheit“ gegenüber den fachlichen Argumenten aus dem Ausschuss.
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