
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Johann, doppelt codiert
Das Exploratorium Potsdam lernen Schüler geheime Botschaften und unsichtbare Schriften kennen
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Babelsberg - Der Weihnachtsmann braucht eine Sprühflasche. Er kann damit ein unspektakuläres weißes Blatt Papier in eine lesbare Wunschliste verwandeln. „Der, der eine geheime Botschaft bekommt, muss wissen, wie er sie entschlüsselt“, erklärt Dr. Axel Werner den Schülern einer 4. Klasse der Kleinmachnower Steinweg-Grundschule. Werner leitet das Exploratorium Potsdam, dass einen Kurs zum Erlernen von Geheimschriften anbietet. Die Schüler besprühen zunächst ein weißes Stück Papier mit „Experimentierwasser“. Dann legen sie ein zweites, trockenes Blatt Papier auf das erste und schreiben darauf mit Kugelschreiber eine Botschaft. Die trockene Kugelschreiber-Seite kommt in den Papierkorb; die nasse Seite mit der noch etwas sichtbaren durchgedrückten Botschaft zum Austrocknen zur Seite. „Am Ende werdet ihr Sehen, dass ihr nichts seht“, erklärt der Chef der Mitmach-Welt.
Seit die Menschen schreiben können, verwenden sie auch Geheimschriften. Das war schon bei Julius Cäsar so. „Kennt ihr Asterix?“, ruft Werner und die Klasse bejaht die Frage laut. Neben der Methode, Schrift unsichtbar zu machen, gibt es noch die des Codierens. Der Chef der Babelsberger Experimentier-Halle verteilt Zettel mit rätselhaften Buchstaben-Folgen darauf. Mit Hilfe einer Decodierscheibe können die Jungs feststellen: „Das G ist eigentlich ein M.“ Schnell haben sie raus, dass LKPOZWG der Code für POTSDAM ist. Die Mädchen der Klasse, die erst nach den Jungs in die Geheimnisse der Geheimschriften eingeführt werden, untersuchen unterdessen quiekend eine springende Heuschrecke – eine echte. Die Jungs müssen indes mit der Scheibe ihren eigenen Vornamen codieren: Oskar verwandelt seinen Namen in NRLZS. Johann kann sich kaum halten vor Lachen; sein Vorname wird zu KNIBMM. Die Nachricht verkündend, die Heuschrecke hätte sie angesprungen, rennen zwei Mädchen an ihm vorbei. „Seid ihr pingelig“, kommentiert Johann die „Flucht“ der Mädchen.
Für eine weitere Art, einen Geheimtext zu erstellen, benutzen die Schüler Vierkant-Stöcke, im konkreten Fall ausgediente Raketen-Stöcke von Silvester. Wer einen Papierstreifen darum bindet, kann auf jeder der vier Stockseiten einen kurzen Text schreiben. Wieder abgewickelt, ist die Botschaft nur eine scheinbar sinnlose Abfolge von Buchstaben. Ein Kurier könnte sich den Papierstreifen unterm Gürtel um die Bauch wickeln. Würde er vom Feind abgefangen, könnte dieser ohne Stock nichts damit anfangen. Der Stock ist der Schlüssel, um die Botschaft zu entschlüsseln. „Man schickt zwei Kuriere los, einen mit der Botschaft, einen mit dem Schlüssel“, erläutert Werner. Johann schlägt er vor, doch KNIBMM auf sein Stockpapier zu schreiben. Dann wäre sein Name sogar doppelt codiert, der Adressat bräuchte Stock und Decodierscheibe, um auf den Namen zu kommen.
Eine Botschaft mit einer weißen Wachskerze auf ein weißes Blatt Papier zu schreiben, ist ein weitere Möglichkeit, etwa einen Liebesbrief vor unbefugten Lesern zu verbergen. Auf dem Wachs haftet keine Farbe; wer auf seinem Blatt mittels eines Schwammes Farbe breit wischt, kann damit die Botschaft sichtbar machen. Wie sich herausstellt, hat Alex mit der Kerze geschrieben: „I love Basketball.“
Zum Schluss werden die getrockneten weißen Blätter vom Anfang der Stunde wieder ausgeteilt. Auf ihnen ist rein gar nichts zu erkennen. Erst, als die Schüler sie wieder mit Wasser einsprühen, werden die Botschaften erkennbar. Der Grund: Die vom Kugelschreiber eingedrückten Stellen saugen mehr Wasser auf und erscheinen dunkler. Die Kinder kennen das: Ein Wasserfleck auf der Kleidung erscheint ja auch dunkel. Guido Berg
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