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Landeshauptstadt: Johannsenstraße: Havelbus räumt nicht

Jugendliche im besetzten Haus warten auf Entscheidung über Abriss / Stadt sagt Gespräche zunächst ab

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Babelsberg - Großes Erstaunen gestern Vormittag bei der Geschäftsführung der Havelbus Verkehrsgesellschaft mbH: Das „neue“ besetzte Haus in Babelsberg befindet sich auf dem Betriebsgelände des Verkehrsbetriebes in der Babelsberger Johannsenstraße. Die Jugendlichen, die es bewohnen, hatten am Sonntag ankündigt, an die Öffentlichkeit zu gehen (PNN berichteten) „Wir wussten zwar, dass in dem Haus jemand schläft, aber das hat uns überrascht“, sagte Renate Walkenhorst, Marketing-Chefin bei Havelbus – und seit gestern die Beauftragte für die Gespräche mit rund zehn Bewohnern des besetzten Hauses, die eigens die Initiative „Wir wollen leben“ gründeten.

Die wichtigste Nachricht für die Bewohner stand gestern Nachmittag fest. „Wir werden erst einmal abwarten und uns mit den Jugendlichen zusammensetzen, statt zu räumen“, machte Walkenhorst klar. Der Grund, weswegen die Hausbesetzer nun die Öffentlichkeit auf das bisher nicht bekannte Domizil aufmerksam gemacht haben, bleibt aber bestehen: Demnächst möchte Havelbus das Haus abreißen, die Genehmigung dafür ist erteilt. „Wir brauchen dringend die Fläche als Parkplatz für unsere Busse, zudem soll dort eine zweite Ausfahrt entstehen“, sagte Walkenhorst. Deswegen könnten die Pläne auch nicht rückgängig gemacht werden. Der Termin für den Abriss soll morgen auf einer Sitzung bei Havelbus festgesetzt werden.

Über die Zukunft der zehn Jugendlichen, die das baufällige Haus zumindest im Inneren sichtbar wohnlich eingerichtet und tapeziert haben, sollte gestern Abend in einer erste Gesprächsrunde beraten werden. Dazu war die Stadtverwaltung eingeladen, sagte das Treffen jeddoch ab. „Wir haben das Problem der jungen Leute aber zur Kenntnis genommen und verstanden“, sagte Sozialbeigeordnete Elona Müller den PNN. Allerdings müssten sich zunächst Eigentümer und die Jugendlichen verständigen, zudem wolle sie noch auf das Ergebnis der morgigen Sitzung bei Havelbus warten. „Ebenso sollten die Jugendlichen genaue Vorschläge machen, wie es weitergehen soll und welche Forderungen sie haben“, so Müller. Erst dann könne sie sagen, ob und wie sich die Stadt verhalten werde.

Kritik an dieser Entscheidung übte der Stadtjugendring Potsdam e.V., bei dem die jungen Leute gestern auch vorstellig wurden. „Ich hätte mir mehr Gesprächsbereitschaft von der Stadt erhofft – für so etwas muss die Zeit da sein“, sagte Jugendring-Geschäftsführer Dirk Hader den PNN. Er hoffe, dass es im Laufe der Woche noch Gespräche geben könne. Ebenso appellierte er an Eigentümer und die Polizei, keine Räumung vorzunehmen. „Vielleicht lässt sich für die Jugendlichen eine Übergangslösung finden, die für alle Seiten akzeptabel ist“, sagte Hader. Solche Modelle der Zwischennutzung von alten, baufälligen Häusern ohne Mieter gäbe es bereits in Städten wie Leipzig, so Hader: „Gerade vorübergehenden Lösungen sind für manche Jugendliche wichtig.“

Zugleich forderte Hader die Stadtpolitik dazu auf, sich mit dem Problem von bezahlbarem Wohnraum in Potsdam auseinander zu setzen. „Fast täglich“ würde er Jugendliche treffen, die über die im Vergleich zu anderen Städten deutlich teureren Mieten in Potsdam klagen würden. „Es gibt bei vielen die Befürchtung, dass sie in Plattenbaugebiete verdrängt werden, weil es sonst keine bezahlbare Wohnfläche mehr gibt“, sagte Hader. Doch gerade in Neubaugebieten sei ein Wohnprojekt nach Art der Johannsenstraße – zehn Leute, die in ihrem Haus auch kulturelle und politische Projekte veranstalten wollen – nicht möglich.

Bei den Hausbesetzern selbst herrschte gestern Abend nach Bekanntmachung ihres Wohnorts Nervosität. „Wir werden nun unsere Ziele genau formulieren und können ansonsten nur spekulieren“, sagte Holger Krom für die Gruppe.

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