Landeshauptstadt: Jude, schwul oder Mädel
Ein neuer Ratgeber der Antidiskriminierungsstelle Brandenburg soll jungen Leuten helfen
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Fatma ist 16 und gläubige Muslima. Deshalb trägt sie ein Kopftuch und deshalb findet sie auch keine Lehrstelle, sagt sie. Der 17-jährige Alijosha ist Jude und hört in der Schule öfter einmal, wie seine Mitschüler Witze über den Holocaust machen. Die ebenfalls 17-jährige Jana, Gymnasiastin, wurde von ihrem Schuldirektor gelobt, weil sie fließend Deutsch spricht, „als ob man das Menschen mit schwarzer Hautfarbe nicht zutraut“.
Diese Fallbeispiele stammen alle aus dem Anti-DiskriminierungsBüro Köln (ADB). „Als wir feststellten, dass sich immer häufiger junge Menschen bei uns Rat holen, weil sie wegen ihrer Herkunft respektlos behandelt werden, machten wir daraus eine Broschüre“, erzählt Banu Bambal aus Köln. Anfang des Jahres erschien das Werk. Das Heft „Dissen – mit mir nicht“, sei ein voller Erfolg gewesen, sagt die Mitarbeiterin im ADB.
Und der schlug offenbar solche Wellen, dass der in Jugendslang geschriebene Ratgeber für junge Leute auch sein Pendant in Brandenburg finden sollte. „Allerdings haben wir das 30-Seiten-Heft aus Nordrhein-Westfalen noch einmal stark überarbeitet“, sagt Mohamed Hamdali, Integrationsbeauftragter des Landes Brandenburg. Während sich das Kölner Büro nämlich ausschließlich um ethnische Diskriminierung kümmere, „ist die Beratungsarbeit in Brandenburg horizontal angelegt“, erklärt Banu Bambal. So wurde die Brandenburger Broschüre mit dem Titel „Blöde Anmache? Nicht mit mir!“ um die Themen Behinderung, Geschlecht und Sexualität erweitert. Und ebenfalls mit Beispielen aus der Beratungspraxis ergänzt. So erzählt Malik, 20, dass er seit seinem Coming-out als Schwuler immer von seinem Bruder verprügelt wird. Oder dass Sprüche wie „Zick“ nicht so rum“ von Mädchen gar nicht mehr als diskriminierend empfunden werden, weil sie schon wie selbstverständlich zum Alltag gehören.
Das jetzt vorgestellte Heft, farbig nach Themen geordnet, und mit Graffitibildern ansprechend gestaltet, ist auch der Versuch, Jugendlichen Mut zu machen. Wenn sie selbst betroffen sind oder auch Zeuge. Von Betroffenen oder Beobachtern wird kein Heldentum verlangt. Praktische Tipps wie „Suche Hilfe“, oder „Boykottiere die Situation und wende dich ab“ gehen auf die Möglichkeiten von Jugendlichen ein. Ein Ratgeber eben, der nicht verhindern kann, aber ins Gewissen redet. Fang bei dir an, heißt es da – und überlege, wie du über Minderheiten denkst. NIK
Die Broschüre und Infos zum Thema gibt es in der Antidiskriminierungsstelle Brandenburg, Tel.: (0331) 866 59 54.
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