Landeshauptstadt: Jugendklubs sollen sich mehr anstrengen
Verwaltung sieht zu wenig Nutzer / Kritik an aktueller Statistik / Symposium zu Jugendkultur geplant
Stand:
Die Potsdamer Jugendklubs sollen sich Gedanken darüber machen, wie mehr Jugendliche zu ihnen kommen. Diesen Wunsch erläuterte gestern Jugendamtschef Norbert Schweers zunächst vor Journalisten und später vor dem Jugendhilfeausschuss. „In manchen Potsdamer Klubs betreut ein Sozialarbeiter pro Tag lediglich fünf, sechs junge Leute – das ist mir zu wenig“, sagte Schweers. Der Grund für die deutlichen Worte: Die Verwaltung besitzt neue Zahlen darüber, wie viele junge Leute die Jugendklubs überhaupt nutzen.
Danach kümmert sich im Schnitt ein Jugendklubangestellter pro Tag um 14 junge Potsdamer, jeder Klub hat täglich 31 Besucher. Die Zahlen stammen von den 13 befragten Jugendklubs selbst – und sorgten gestern im Jugendhilfeausschuss für Irritationen. „Unsere Kollegen haben unterschätzt, was sie da ankreuzen – wir wollten unsere eigentlichen Zahlen noch nachmelden“, sagte Dirk Harder als Chef des Lindenpark e.V., Träger des Babelsberger Jugendklubs „jwd“. Das Haus hatte täglich 15 Gäste angegeben – bei drei Personalstellen veranlasste dies Grünen-Ausschussmitglied Frank Wernick-Otto zu der ironischen Frage, ob dort „schwere Jungs“ betreut würden. Intern soll der Lindenpark von mindestens 30 bis 40 Jugendlichen pro Tag ausgehen, die genaue Zahl hatte Harder nicht parat.
Wenige Besucher, aber viele Sozialarbeiter hat die Verwaltung auch in den Klubs „Nowawes“ in Zentrum-Ost und im „Ribbeckeck“ in Bornstedt ausgemacht. Insgesamt werden laut Schweers fünf Prozent der jungen Zielgruppe erreicht. Ein Klub mit zwei Personalstellen kostet die Stadt pro Jahr rund 100 000 Euro.
Als Konsequenz aus den Zahlen forderte Schweers, dass die Clubs sich künftig stärker am Bedarf junger Leuten im nahen Umfeld orientieren sollten – statt einfach nur Angebote zu machen. Solche Erwartungen der Verwaltung sollen ab dem nächsten Jahr in Leistungsverträgen mit den Jugendklubs festgelegt werden. „Stellen wir Mehrbedarf fest, ist mehr Personal möglich“, sagte Schweers – und verwies auf das Beispiel der fünf in Potsdam existierenden Kinderklubs. Dorthin kommen im Schnitt täglich knapp 27 kleine Besucher, die Betreuungsquote liegt bei 17 Kindern auf einem Mitarbeiter. Der Kinderklub Junior in der Sternstraße habe dabei einen Schnitt von 1 zu 40, so Schweers – und erhalte deswegen eine zweite Stelle.
Angesichts der Statistik meldeten sich gestern weitere Stimmen. So sagte Jürgen Knabe vom Breitband e.V. – der Verein ist Träger zweier Klubs in der Waldstadt –, dass viele der Einrichtungen nie als Jugendhäuser gebaut worden seien und so nicht jedes Angebot überhaupt möglich sei. Jugendpolitiker Frank Wernick-Otto forderte wegen der Zahlen eine Diskussion darüber, ob solche „umfangreiche“ Jugendklubarbeit überhaupt nötig sei: „Verbauen wir uns da vielleicht mehr Schulsozialarbeit oder Jugendkultur?“
Denn auch die Diskussion über offenbar fehlende Jugendkulturräume wurde gestern geführt. Jugendamtschef Schweers sagte, es sei wichtig, dass junge Leute in der Innenstadt „Erprobungsräume“ ähnlich dem geschlossenen „Spartacus“-Haus finden könnten. Für den Herbst kündigte er ein Symposium zum Thema Jugendkultur an. Dirk Harder als Leiter des Stadtjugendring hatte erst jüngst in den PNN gewarnt, dass in Potsdam immer mehr Kulturangebote für Jugendliche verloren gingen. Henri Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: